Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzverwalter als Schuldner der Kosten für eine an einem zur Insolvenzmasse gehörenden Gebäude durchgeführte Sicherheitsprüfung
Leitsatz (amtlich)
Sind ein zur Insolvenzmasse gehörendes Grundstück und daraufstehende Gebäude Gegenstand einer bauaufsichtlichen Sicherheitsprüfung, ist (auch) der Insolvenzverwalter als ordnungsrechtlicher Verantwortlicher „Veranlasser” der Amtshandlung und deshalb Kostenschuldner.
Normenkette
VwKostG HE § 11 Abs. 1 Nr. 1; InsO §§ 80, 55
Verfahrensgang
VG Wiesbaden (Urteil vom 27.07.2009; Aktenzeichen 1 K 616/09) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 27. Juli 2009 – 1 K 616/09.WI – wird abgelehnt.
Der Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf einen Betrag von 175,09 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 27. Juli 2009 bleibt ohne Erfolg.
Die Ausführungen des Beklagten zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –) wecken beim Senat keine derartigen Zweifel.
Der Kläger – vertreten durch seinen Betreuer – wandte sich mit seiner Klage gegen einen Kostenbescheid des Beklagten, mit dem dieser ihn für Kosten einer bauaufsichtlichen Sicherheitsüberprüfung eines zum damaligen Zeitpunkt in seinem Eigentum stehenden Gebäudes in Anspruch genommen hat. Während der Vornahme der Sicherheitsüberprüfung am 28. November 2008 befand sich das Vermögen des Klägers unter Insolvenzverwaltung. Am Nachmittag desselben Tages, an dem vormittags die Sicherheitsüberprüfung stattgefunden hatte, gab der Insolvenzverwalter das betreffende Grundstück aus der Insolvenzmasse frei. Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 1. Dezember 2008 gab der Kläger sein Eigentum an dem Grundstück auf. Dies wurde am 10. Dezember 2008 ins Grundbuch eingetragen.
Das Verwaltungsgericht hat den streitigen Kostenbescheid aufgehoben. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 HVwKostG sei zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten die Amtshandlung vorgenommen worden sei. Veranlassung im Sinne dieser Vorschrift sei gegeben, wenn der Kostenschuldner nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen für die von dem Grundstück beziehungsweise dem Bauwerk ausgehenden Gefahren verantwortlich zu machen sei. Zustandsverantwortlicher sei zum Zeitpunkt der Sicherheitsüberprüfung neben dem Kläger als Eigentümer (§ 7 Abs. 2 HSOG) der Insolvenzverwalter als Inhaber der tatsächlichen Gewalt gewesen (§ 7 Abs. 1 HSOG). Zwischen diesen beiden als Gesamtschuldner Haftenden habe der Beklagte das ihm zustehende Auswahlermessen nicht erkannt und deshalb auch nicht ausgeübt.
Dem hält der Beklagte im Zulassungsverfahren entgegen, zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht den Insolvenzverwalter als – weiteren – Veranlasser der Amtshandlung einer bauaufsichtlichen Sicherheitsüberprüfung angesehen. Voraussetzung dafür sei, dass der betreffende Kostenschuldner willentlich oder durch tatsächliches Verhalten einen Tatbestand geschaffen habe, der ein kostenpflichtiges behördliches Handeln bedinge. Der Tatbestand, der rechtlich für die Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen von Sonderbauten ursächlich sei, ergebe sich nicht aus einer öffentlich-rechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts, sondern sei in der baurechtlichen Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes als Gaststätte begründet. Diese Nutzungsmöglichkeit habe hier der Kläger als Inhaber der Baugenehmigung gehabt. Folglich sei die für die Begründung der Veranlasserstellung maßgebliche rechtliche Zuordnung ihm gegenüber vorzunehmen, auch wenn er im Jahre 2006 seinen Gaststättenbetrieb aufgegeben habe. Der Aspekt, dass dem Insolvenzverwalter während der Durchführung der Sicherheitsüberprüfung die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück zugestanden habe und er deshalb Verantwortlicher gemäß § 7 Abs. 1 HSOG gewesen sein könne, werde erst bedeutsam für die Durchführung öffentlich-rechtlicher Maßnahmen als Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung. Jedenfalls sei auch bei Annahme einer gesamtschuldnerische Haftung keine Ermessensentscheidung anzustellen, da nur eine nachrangige Haftung in Betracht komme, wie sich aus einer Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Dezember 1988 ergebe.
Diese Ausführungen wecken beim Senat keine ernstlichen Zweifel im oben genannten Sinn. Unstreitig befand sich zum Zeitpunkt der Sicherheitsüberprüfung das Vermögen des Klägers in der Insolvenzverwaltung, und das Grundstück, auf dem die Sicherheitsüberprüfung stattfand, war im Zeitpunkt der Sicherheitsüberprüfung noch Teil der Insolvenzmasse. Gemäß § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung – InsO – geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen...