rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine mittelbare beA-Pflicht für nur als Steuerberater zugelassenen Partner einer Partnerschaftsgesellschaft aus Rechtsanwälten und Steuerberatern
Leitsatz (redaktionell)
Eine Klage, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Steuerberater als alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter einer aus Rechtsanwälten und Steuerberatern bestehenden und vom Kläger prozessbevollmächtigten Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung im Jahr 2022 vor dem Finanzgericht erhebt, ist nicht wegen der Nichtnutzung des besonderen elektronisches Anwaltspostfachs eines (auch) als Rechtsanwalt zugelassenen Mitgesellschafters unzulässig.
Normenkette
FGO § 52d S. 2
Streitjahr(e)
2018
Gründe
Nachdem die Klage zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 72 Absatz 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einzustellen.
Der Wirksamkeit der Rücknahme der Klage steht nicht entgegen, dass die Rücknahme durch den von Herrn Steuerberater A unterzeichneten und mit Telefax an das Gericht übersandten Schriftsatz vom 01.06.2022 zurückgenommen wurde. Denn Herr A ist nicht als Rechtsanwalt zugelassen, so dass keine Pflicht der durch ihn als Partner handelnden prozessbevollmächtigten Partnerschaftsgesellschaft aus § 52d FGO bestand, die Rücknahme über das besondere elektronische Anwaltspostfach des dort ebenfalls als Partner tätigen Herrn Rechtsanwalt und Steuerberater B einzureichen. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den folgenden Ausführungen des 4. Senats in dem (nicht rechtskräftigen) Zwischen-Gerichtsbescheid vom 10.05.2022 in dem zwischen den Beteiligten anhängigen Verfahren 4 K 214/22 an:
„aa) Nach § 52d Satz 2 FGO gilt die in § 52d Satz 1 FGO bestimmte Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs auch für die nach der Finanzgerichtsordnung vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Nummer 2 FGO zur Verfügung steht. Sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 52a Abs. 4 Nummer 2 FGO ist ,der Übermittlungsweg zwischen dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts'.
bb) Der Prozessbevollmächtigten stand im Rechtssinne kein solcher von ihr zu benutzender sicherer Übermittlungsweg zur Verfügung, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt gehandelt hat. Denn § 52d Satz 2 FGO verpflichtet nach Auffassung des Senats derzeit nur für den Fall der ihr zurechenbaren Handlung durch einen Rechtsanwalt auch eine Partnerschaftsgesellschaft zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs. Der gegenteiligen Ansicht des Beklagten ist zuzugeben, dass der Wortlaut des § 52d Satz 2 FGO nicht eindeutig ist. Nach Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung ist § 52d Satz 2 FGO gleichwohl nicht dahingehend zu verstehen, dass die Mitgliedschaft eines Rechtsanwalts in einer Sozietät (GbR) oder einer Partnerschaftsgesellschaft mit Steuerberatern bewirkt, dass über das besondere elektronische Anwaltspostfach des Rechtsanwalts sämtliche finanzgerichtlichen Klageverfahren abzuwickeln sind. Denn für Steuerberater muss ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach im Sinne vom § 86d des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) derzeit noch nicht, sondern erst ab 01.01.2023 eingerichtet sein (§ 157e StBerG) und dann von Steuerberatern nach § 52d Satz 2 FGO genutzt werden. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dass in der Übergangszeit (also dem Jahr 2022) keine Pflicht besteht, dass der Rechtsanwalt, der in einer mit (ggf. sehr vielen) Steuerberater eingegangenen Sozietät oder Partnerschaftsgesellschaft tätig ist, über sein persönliches besonderes elektronisches Anwaltspostfach die wesentliche Korrespondenz mit den
Finanzgerichten absenden und ggf. auch entgegennehmen muss, wenn er nicht der das Prozessmandat konkret bearbeitende Gesellschafter ist, sondern ein Nur-Steuerberater die Prozessvertretung und die damit einhergehenden Tätigkeiten für die prozessbevollmächtigte (hier: Partnerschafts-) Gesellschaft übernehmen soll. Der ggf. einzige Rechtsanwalt in einer Sozietät oder Partnerschaftsgesellschaft, der mitunter sehr viele Steuerberater angehören, wäre sonst faktisch eine Art elektronische Poststelle für die von den übrigen Gesellschaftern als Steuerberater eigenverantwortlich geführten Steuerprozessmandate der Gesellschaft. Dazu kommt, dass nur der Rechtsanwalt selbst mit einfacher (d.h. maschinenschriftlicher) Signatur unterzeichnen könnte. Denn nach § 52a Abs. 3 Satz 1 FGO ist bei Personenverschiedenheit zwischen Inhaber des Postfachs und der signierenden Person eine qualifiziert elektronische Signatur erforderlich. Eine Sozietät
oder Partnerschaftsgesellschaft könnte daher praktisch nicht einen wesentlichen Vorteil des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs, den Verzicht auf die qualifiziert elektronische Sign...