rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für alternative Behandlungsmethoden als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
- Aufwendungen für alternative Behandlungsmethoden stellen Krankheitskosten dar, wenn sie nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt sind und vorgenommen werden.
- Für den Nachweis der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 33 EStG einer neuen, bisher medizinisch nicht anerkannten Behandlungsmethode ist ein amtsärztliches Attest oder ein vergleichbarer Nachweis für die medizinische Indikation der Behandlung erforderlich.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1
Streitjahr(e)
2004
Tatbestand
Die Antragstellerin (AS) ist die Rechtsnachfolgerin ihres am 6. Dezember 2004 verstorbenen Vaters. Im Rahmen der für den verstorbenen Vater eingereichten Einkommensteuererklärung 2004 machte die AS Krankheitskosten des Vaters in einer Gesamthöhe von 92.781 DM geltend. Seit 2002 war der Vater der AS an Krebs erkrankt. Er erzielte als Heilpraktiker Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Im Streitjahr hatte er zur Behandlung seiner Krebserkrankung unter anderem mit der…GmbH einen Behandlungsvertrag über eine neue Stammzellentherapie abgeschlossen. Die GmbH hat eine bestimmte Technologie für die Herstellung eines Eigenblutproduktes und eine damit verbundene Therapie zur angeblichen Stärkung des menschlichen Immunsystems entwickelt. Im Einzelnen wird auch auf § 2 des Behandlungsvertrages vom 2. August und den Ergänzungsvertrag vom 4. August 2004, die der Vater der AS mit der GmbH abgeschlossen hatte, verwiesen. Für die Behandlung hatte der Vater 75.000 € zuzüglich 2000 € für die Unterbringung während der Behandlung in A zu zahlen. Der Normalpreis für die Therapie von 150.000 € wurde dem Vater der ASt um 50% gemindert, weil er der erste Patient war, der diese Behandlung in Deutschland erhielt. (vgl. § 4 des Behandlungsvertrages vom 2. August 2004). Da die Behandlungsmethode in keinerlei Weise von den gesetzlichen oder privaten Krankenkassen bezuschusst wurde, musste der Vater der AS die gesamten Kosten alleine tragen.
Im Steuerbescheid vom 2. August 2005 berücksichtigte der Antragsgegner (AG) von den geltend gemachten Krankheitskosten lediglich 15.781 DM, die sich wegen der zumutbaren eigenen Belastung steuerlich jedoch nicht auswirkten. In den Erläuterungen zum Steuerbescheid heißt es dazu:
„der vorgelegte Behandlungsvertrag und die damit beantragten außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von 77.000 DM können nicht anerkannt werden. Der Nachweis der Zwangsläufigkeit fehlt, da kein entsprechendes ärztliches Attest beigefügt war (Bundesfinanzhof -BFH- Beschluss vom 20. November 2003, III B 44/03, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH 2004, 335).”
Auch der hiergegen gerichtete Einspruch vom 15. August 2005 und der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurden durch Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2006 als unbegründet zurückgewiesen. Der AG begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass zum Nachweis der hier angewandten neuen Behandlungsmethode, die krankenkassenmäßig in keiner Weise anerkannt sei, die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes erforderlich sei. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Hiergegen hat die AS beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen 1 K 644/06 Klage erhoben und nunmehr bei Gericht Aussetzung der Vollziehung beantragt. Über die Klage wurde noch nicht entschieden.
Die AS ist der Ansicht, dass die Kosten für die Behandlung ihres Vaters durch die GmbH als Krankheitskosten und damit als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) anzuerkennen seien. Wie sich aus
§ 2 des Behandlungsvertrages ergebe, ziele die von der GmbH angebotene Behandlung auf den Wiederaufbau des körpereigenen Immunsystems ab. Diese Behandlungsmethode sei keine so genannte Frischzellenbehandlung noch eine sonstige vergleichbare Methode im Sinne der vom AG aufgeführten Urteile des BFH. Die Pflicht zum Einholen eines amtsärztlichen Attestes vor der eingegangenen Behandlung sei hier nicht erforderlich, was sich zum einen aus einer Erläuterung der GmbH vom 6.3.2006 über die Behandlungsmethode selbst ergebe und zum anderen aufgrund der langjährigen Tätigkeit des Vaters als Heilpraktiker letztlich entbehrlich sei. Durch seine langjährige Tätigkeit als Heilpraktiker sei sichergestellt, dass er sich im Laufe seiner Erkrankung keiner Behandlung unterzogen hätte, deren Zweck nicht der Linderung der Krankheit gedient hätte. Ihre Rechtsansicht werde auch durch die Entscheidung des Finanzgerichtes München vom 19. Dezember 2001, 1 K 4737/00, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2002, 404, gestützt. In dieser Entscheidung habe das Finanzgericht die Aufwendungen für ein nicht zugelassenes Medikament zur Behandlung einer unheilbaren Krankheit als außergewöhnliche Belastung anerkannt.
Für den Fall, dass die Behandlungs...