Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass bei ausländischen Einkünften nach § 34 c Abs. 5 EStG – Steuerermäßigung bei ausländischen Einkünften
Leitsatz (redaktionell)
- „Volkswirtschaftliche Gründe” im Sinne des § 34c Abs. 5 EStG liegen nur dann vor, wenn die Steuerbegünstigung der deutschen Außenwirtschaft und deren Konkurrenzfähigkeit dient, z.B. bei der Förderung von Kapitalinvestitionen deutscher Investoren im Ausland, um diese bei Konkurrenzsituationen mit Wettbewerbern im Ausland zu unterstützen.
- Der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 34c Abs. 5 EStG basierende Auslandstätigkeitserlass (ATE) stellt eine Verwaltungsanweisung dar, durch welche die Finanzverwaltung ihr Ermessen gebunden hat, so dass der Steuerpflichtige, soweit die Voraussetzungen des ATE vorliegen, auf den Erlass der Billigkeitsmaßnahme vertrauen kann (Ermessensreduzierung auf Null).
- Die Anwendung des über § 34c Abs. 5 EStG anwendbaren ATE nur auf Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.
- Die steuerliche Bevorzugung bestimmter Auslandstätigkeiten wird von dem Gesichtspunkt der Förderung bestimmter Bereiche der Volkswirtschaft getragen, der auch aus verfassungsrechtlicher Sicht neben die allgemeinen Besteuerungsgrundsätze tritt.
Normenkette
EStG § 34c; AO § 8; GG Art. 3
Streitjahr(e)
2011, 2012, 2013, 2014
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die vom Antragsteller in den Streitjahren 2010 bis 2014 als Entwicklungshelfer in Afghanistan und Armenien erzielten Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 Einkommensteuergesetz - EStG -) wie in den Vorjahren unter Anwendung des Progressionsvorbehalts freizustellen oder ob diese Einkünfte im Inland uneingeschränkt der Besteuerung zu unterwerfen sind.
Der Antragsteller, der nach Aktenlage in Deutschland einen Wohnsitz i. S. d. § 8 Abgabenordnung (AO) hat, war in den Streitjahren unstreitig nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Nach seinen Angaben war er im Veranlagungszeitraum 2011 in Afghanistan, in den Veranlagungszeiträumen 2011 bis 2013 in Afghanistan und Armenien sowie im Veranlagungszeitraum 2014 in Armenien als Entwicklungshelfer selbständig tätig. Auftraggeberin war nach Aktenlage die B. Aus dieser Tätigkeit erzielte der Antragsteller unstreitig Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG), wobei die Gewinne nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wurden.
Nachdem der Antragsgegner diese selbständigen Einkünfte in den Veranlagungszeiträumen der Jahre 2011 bis 2014 zunächst im Rahmen von nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheiden erklärungsgemäß unter Progressionsvorbehalt freigestellt hatte, gelangte er im Zuge einer Außenprüfung (Prüfungsbericht vom 13.07.2017) für die Streitjahre zu der Auffassung, dass eine Rechtsgrundlage für die beantragte Freistellung nicht bestehe; insbesondere lägen die Voraussetzungen des Auslandstätigkeitserlasses (ATE) nicht vor, da sich dieser nur auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehe. Die gezahlten Honorare für Afghanistan und Armenien unterlägen als reguläre Betriebseinnahmen im Zuge der Gewinnermittlung uneingeschränkt der inländischen Besteuerung nach § 18 EStG.
Gegen die entsprechend nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheide für 2011 bis 2014 vom 26.09.2017 legte der Antragsteller mit Telefax vom 30.10.2017 fristgerecht Einspruch ein und begehrte die Aussetzung der Vollziehung in Höhe eines Gesamtbetrages von 59.564,94 EUR. Mit Schreiben vom 14.11.2017, auf welches wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, lehnte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung ab. Über den Einspruch ist bisher noch nicht entschieden worden.
Mit am 11.12.2017 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz beantragte der Antragsteller bei Gericht bzgl. der vorgenannten Änderungsbescheide die Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 und 4 Finanzgerichtsordnung (FGO), worüber vorliegend zu entscheiden ist.
Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, dass der Antragsgegner zu Unrecht von der bisherigen steuerlichen Behandlung abweiche. Er – der Antragsteller – habe sich stets auf eine analoge Anwendung des ATE bei einem Nicht-DBA-Land berufen. Nach dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung müsse die faktische Steuerfreistellung bei einem angestellten Entwicklungshelfer durch die direkte Anwendung des ATE dazu führen, dass dies bei einem freiberuflichen Entwicklungshelfer ebenfalls gelte. Inhaltlich gleiche Tätigkeiten dürften nicht zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung zwischen angestellten Entwicklungshelfern und selbständigen Entwicklungshelfern führen. Hauptmaßstab sei dabei der Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG), der dem Gesetzgeber auferlege, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln. Die vorliegend unterlassene Anwendung des ATE sei seitens der Finanzverwaltung nicht zufriedenstellend erläutert worden. Auffällig sei zudem, dass bei der Besteuerung von in DBA- oder Nicht-DBA-Ländern tätigen freiberufliche...