Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung der Arrestanordnung vom 08.08.1997 betr. Lohnsteuer 1994–1997
Tenor
1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller, ein britischer Staatsangehöriger, begehrt die Aussetzung der Vollziehung der Arrestanordnung vom 08.08.1997.
Mit Bescheid vom 08.08.1997 ordnete der Antragsgegner, in das Vermögen des Antragstellers den dinglichen Arrest zur Sicherung von Lohnsteueransprüchen für die Jahre 1994 bis 1997 in einer Gesamthöhe von … DM an.
Der Bescheid ist wie folgt begründet:
Der Antragsteller vermittele seit Jahren als Geschäftsführer der Firma … England, irische und englische Bauarbeiter an mittelständische Bauunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Dem Bauunternehmen würden 34,00 DM pro geleistete Arbeitsstunde in Rechnung gestellt. Die zugrundeliegenden Verträge mit den inländischen Bauunternehmen würden als Werkverträge (Nachunternehmerverträge) bezeichnet. Mit den überlassenen Bauarbeitern schließe der Antragsteller als Geschäftsführer der Ltd. wiederum Subunternehmerverträge. Diese Einordnung der Verträge sei steuerlich unzutreffend. Denn nach den Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung seien die überlassenen Arbeitskräfte voll in den Arbeitsprozeß integriert und weisungsgebunden (Leiharbeitsverhältnisse). Die abgeschlossenen Werkverträge seien Scheinverträge, weil nicht die Leistung geschuldet werde. Auf Weisung des Poliers bzw. des deutschen Bauleiters würden Bauarbeiten aller Art gegen Stundenlohn verrichtet. Allenfalls würden zeitweise Mauerwerksarbeiten, wie in der Bauwirtschaft üblich, im Akkordlohnverfahren bewältigt.
Somit seien die verliehenen Arbeitnehmer nichtselbständig im Sinne des § 19 des Einkommensteuergesetzes –EStG– tätig. Es handele sich um einen Fall der Arbeitnehmerüberlassung, wobei der Antragsteller als Verleiher zu betrachten sei. Zwar handele er nach den Verträgen als Geschäftsführer der Ltd. Nach den bisherigen Feststellungen dürfte die Ltd. jedoch als Briefkastenfirma anzusehen sein, die dazu diene, den tatsächlichen Leistungsempfänger von der deutschen Besteuerung abzuschirmen. Aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse (Entgegennahme und Abwicklung der Zahlungen) sei davon auszugehen, daß es sich bei dem Antragsteller um die hinter der Briefkastenfirma stehende Person handele, die als Verleiher anzusehen sei. Damit habe er als Arbeitgeber Lohnsteuer anzumelden und abzuführen (§ 38 EStG). Da er dieses unterlassen habe, hafte er nach § 42 d EStG.
Da der Antragsteller im Haftprüfungstermin angegeben habe, daß sein Lebensmittelpunkt in … gelegen sei, werde davon ausgegangen, daß der Antragsteller von dort aus seine Geschäfte getätigt habe und in der … Wohnung der Lebensgefährtin die inländische Betriebsstätte gelegen sei. Damit sei er inländischer Arbeitgeber im Sinne von § 38 Abs. 1 EStG und habe gemäß § 41 a EStG Lohnsteuer anzumelden und abzuführen. Da der Arbeitgeber gemäß § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG für Lohnsteuer, die er anzumelden und abzuführen habe, hafte, werde der Antragsteller für nicht einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer in Anspruch genommen. Sollte hingegen im Zuge der weiteren Ermittlungen festgestellt werden, daß die Wohnung in … keine inländische Betriebsstätte darstelle, so unterliege gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch der Arbeitslohn dem Lohnsteuerabzug, da er einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland überlasse, ohne inländischer Arbeitgeber zu sein (ausländischer Verleiher). Für diesen Fall werde die Arrestanordnung auf § 42 d Abs. 6 und 7 EStG gestützt. Danach hafte der ausländische Verleiher von Arbeitskräften mit dem inländischen Entleiher und Arbeitnehmer als Gesamtschuldner, wobei nach pflichtgemäßen Ermessen der ausländische Verleiher vorrangig für nicht einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuer in Anspruch zu nehmen sei.
Der Arrestgrund bestehe angesichts der Gefahr, daß der Antragsteller Geldmittel und andere Vermögenswerte auf bestehende Privatkonten in Großbritannien transferiere. Ebenso bestehe der dringende Verdacht, daß der Antragsteller Vermögenswerte auf seine Lebensgefährtin übertrage.
Der Antragsteller trägt vor, daß keine Arbeitnehmerentleihe stattgefunden habe. Er sei lediglich Managing Director der Ltd. mit Sitz in England und selbst überhaupt nicht unternehmerisch tätig. Auch die Ltd., die im Inland keine feste Geschäftseinrichtung habe, sei nicht nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer verpflichtet, da die Voraussetzungen der §§ 10, 11, 12 und 13 der Abgabenordnung – AO– nicht vorlägen. Alle Bauarbeiten seinen stets innerhalb von drei bis vier Monaten abgeschlossen gewesen.
§ 38 Abs. 1 Nr. 2 EStG sei nicht einschlägig, da die Ltd. mit ihren Auftraggebern regelmäßig Werkunternehmerverträge abschließe, in denen sie sich verpflichte, gegen eine feste Vergütung auf Basis des Werkvertragsrechts und der VOB ganz bestimmte Leistungen zu...