Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Terminsgebühr bei einseitigem Telefongespräch eines Prozessbevollmächtigten mit dem Berichterstatter
Leitsatz (redaktionell)
- Für einseitige Telefongespräche eines Bevollmächtigten mit dem Berichterstatter entsteht keine Terminsgebühr i.S.d. Nr. 3202 VV RVG, so dass sich bei späterer mündlicher Verhandlung die dadurch entstehende Terminsgebühr nur nach dem Gegenstandswert des Klagebegehrens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und nicht nach dem (ggf.) höheren Gegenstandswert im Zeitpunkt des Telefongesprächs richtet.
- Die bei einseitigen Telefongesprächen nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotene Informationen des Verfahrensgegners steht der Ablehnung eines Termins i.S.d. Nr. 3202 VV RVG nicht entgegen.
Normenkette
VV RVG Nr. 3202
Streitjahr(e)
2007, 2008, 2009, 2011
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Festsetzung einer sog. Terminsgebühr aus Anlass von Telefongesprächen des Prozessbevollmächtigten mit dem Gericht.
Mit ihrer am 25.05.2019 durch die bevollmächtigte Rechtsanwaltssozietät erhobenen Klage (Verfahren 6 K 794/19) begehrte die Klägerin die Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide des Beklagten für 2007, 2008, 2009 und 2011 vom jeweils 20.03.2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.04.2019, nachdem der Beklagte hierdurch den geltend gemachten Vorsteuerabzug der Klägerin aus vier streitigen Eingangsrechnungen eines Leistungserbringers mit Verweis auf den fehlenden Leistungsaustausch und die formelle Mangelhaftigkeit der Rechnungen versagt hatte (Bl. 1 ff. der Klageakte). Der mit dem Klagebegehren laut Klagebegründung beanspruchte Herabsetzungsbetrag entsprach dem zwischen den Beteiligten streitigen Vorsteuervolumen von insgesamt … Euro (vgl. die Zusammenstellung auf Seite 4 der Einspruchsentscheidung, Bl. 32 der Klageakte). In seiner ersten Klageerwiderung vom 11.07.2019 trat der Beklagte dem Klagebegehren in vollem Umfang entgegen und hielt an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest (Bl. 48 ff. der Klageakte).
Im November 2019 begann der Berichterstatter mit der finalen Bearbeitung des Rechtsstreits, als deren Zwischenergebnis er dem Prozessbevollmächtigten und dem Beklagten am 27.11.2019 einen jeweils gleichlautenden, insgesamt neun Seiten umfassenden, schriftlichen rechtlichen Hinweis erteilte (Bl. 67 ff. der Klageakte). Das Hinweisschreiben enthielt Ausführungen zu den im Streitfall maßgeblichen formellen und materiellen Vorausset-zungen des streitigen Vorsteuerabzugs unter vorläufiger Würdigung der verfahrensgegenständlichen vier Rechnungen vorbehaltlich einer abschließenden Entscheidung des Senats, wobei der Klägerin anheimgestellt wurde, zur Behebung der vom Berichterstatter erwogenen formellen Mängel ergänzende Unterlagen vorzulegen (vgl. jeweils am Ende unter den Gliederungspunkten 1. c. und 1. d.). Hinsichtlich der streitigen tatsächlichen Leistungserbringung enthielt das Hinweisschreiben eine vorläufige Auswertung des Berichterstatters bezüglich einer vorausgegangenen strafgerichtlichen Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin, nach der – entgegen der Ansicht des Beklagten in der Einspruchsentscheidung – möglicherweise vom Vorliegen eines echten Leistungsaustauschs ausgegangen werden könne. Ergänzend führte der Berichterstatter allerdings die formelle Unrichtigkeit der streitigen Rechnungen an, die bisher einen anderen Leistungsgegenstand auswiesen und einem (anteiligen) Vorsteuerabzug deshalb möglicherweise entgegenstünden (vgl. unter Gliederungspunkt 3.). Der Klägerin wurde anheimgestellt, eine ergänzende Stellungnahme unter konkreter Auseinandersetzung mit den strafrechtlichen Feststellungen einzureichen.
Zum Hinweis vom 27.11.2019 nahm der Prozessbevollmächtigte – nach mehrfach (teilweise vorab telefonisch, z.B. am 20.07.2020 und 06.08.2020) beantragter und vom Gericht bewilligter Fristverlängerung am 02.11.2020 Stellung und legte verschiedene ergänzende Unterlagen vor (Bl. 220 ff. der Klageakte), zu denen der Beklagte am 26.11.2020 schriftlich Stellung nahm und dabei eine teilweise Anerkennung des streitigen Vorsteuerabzugs bei Vorlage berichtigter (d.h. den formellen Anforderungen entsprechender) Rechnungen des Leistungserbringers entsprechend dem Hinweisschreiben des Berichterstatters vom 27.11.2019 ankündigte (Bl. 318 ff. der Klageakte). Die Versagung des Vorsteuerabzugs sei (so der Beklagte zur Begründung) bei Vorlage formell ordnungsgemäßer Rechnungen insoweit auf einen bestimmten Betrag zu beschränken, der im Rahmen der strafgerichtlichen Verurteilung des Geschäftsführers als mittelbare Schmiergeldzahlung gewürdigt worden sei. Nur insoweit liege den vier Rechnungen kein Leistungsaustausch zu Grunde. Das darüberhinausgehende Vorsteuervolumen sei bei Erfüllung der formalen Rechnungsvoraussetzungen dagegen als leistungsbezogen anzuerkennen. Nach Übermittlung dieser Stellungnahme an den Prozessbevollmächtigten legte dieser dem Gericht mit Schriftsatz vom 08.12.2020 drei berichtigte Rechnungen des Leistungser...