rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessensfehlerhafter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren mangels zureichender Einzelzwangsvollstreckung

 

Leitsatz (redaktionell)

Beruhen die Vollstreckungsschulden auf Einnahmen des Vollstreckungsschuldners aus einer Beteiligung, ist ein auf die Zahlungsunfähigkeit des Vollstreckungsschuldners gestützter Antrag des Finanzamts auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermessensfehlerhaft, wenn nur hinsichtlich einer anderen Beteiligung die Einzelzwangsvollstreckung erwogen und (erfolglos) verfolgt wurde.

 

Normenkette

AO § 249

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob der Antragsgegner –das Finanzamt– zu Unrecht beim Amtsgericht (– Insolvenzgericht –) einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers gestellt hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Am … leitete das Finanzamt mittels Zahlungsaufforderung (über einen Betrag von seinerzeit lediglich …€) das Vollstreckungsverfahren gegen den Antragsteller ein. Im weiteren Zeitablauf stiegen die Abgabenschulden des Antragstellers weiter an (vgl. Kontoauszüge vom … und …, Bl. 5, 23 der Vollstreckungsakten). Sodann ermittelte das Finanzamt über einen Kontenabruf unter anderem Konten des Antragstellers bei der A, der B und bei der C (Bl. 12 ff. der Vollstreckungsakten). Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügungen Nrn. …, … und …, alle vom …, pfändete das Finanzamt wegen Abgabenrückständen in Höhe von seinerzeit … € die gegenwärtigen und künftigen Ansprüche des Antragstellers aus den Geschäftsbeziehungen mit diesen Banken bzw. den Bausparkassen (vgl. Bl. 27 ff. der Vollstreckungsakten).

In ihrer Drittschuldnererklärung vom … führte die A aus, dass Sie die Pfändungs- und Einziehungsverfügung nicht anerkenne, da dem Antragsteller die gepfändeten Ansprüche nicht zustünden; darüber hinaus bestehe nur eine fällige Forderung (Bl. 33 der Vollstreckungsakte). Die Drittschuldnerin B erkannte in Ihrer Drittschuldnererklärung die gepfändeten Forderungen als begründet an, leistete am … eine Zahlung in Höhe von … € und informierte das Finanzamt mit Schreiben vom … darüber, dass die Geschäftsbeziehung zum Antragsteller beendet wurde (Bl. 40 ff. der Vollstreckungsakte). Die C teilte in Ihrer Drittschuldnererklärung vom … mit, dass für den Antragsteller ein Bausparvertrag bestehe und der Saldo bei Zustellung der Verfügung … € betragen habe. Mit Schreiben vom … kündigte das Finanzamt den Bausparvertrag. Am … überwies die Drittschuldnerin einen Betrag in Höhe von … € an das Finanzamt (Bl. 48 ff., 290 der Vollstreckungsakte).

Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom …pfändete das Finanzamt die gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche, die dem Antragsteller auf Zahlung von Arbeitseinkommen gegen die F zustehen. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Rückstände, die im Wesentlichen aus geschätzten Gewinnen aus Beteiligungen resultierten, … €. Mit Drittschuldnererklärung vom … erkannte die Drittschuldnerin die Lohnpfändung als begründet an und bezifferte den pfändbaren Anteil am Arbeitslohn auf … €. Dieser wurde auch regelmäßig an das Finanzamt überwiesen (Bl. 80 ff., 162 der Vollstreckungsakte).

Aufgrund einer am … durch das Finanzamt durchgeführten Grundstücksrecherche ergab sich, dass der Antragsteller gemeinsam mit seinem Bruder an der G beteiligt ist, die wiederum Grundvermögen in H besitzt, welches die Brüder (gemeinschaftlich in GbR) von ihren Eltern geschenkt bekommen hatten. Seinerzeit hatten die Beteiligten des notariellen Schenkungsvertrages den Verkehrswert des Grundbesitzes (unter Ziffer VII.) mit … € angegeben (vgl. Bl. 11 ff. der Grundstücksakte). Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nrn. … und … vom … pfändete das Finanzamt gegenüber dem Antragsteller selbst und dem weiteren Beteiligten der GbR, Herrn I, den Anteil des Antragstellers am Gesellschaftsvermögen. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Abgabenrückstände … €. Weitere Vollstreckungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Grundbesitz bzw. der GbR sind mit Blick auf den seinerzeit angegebenen Verkehrswert in Höhe von … € und einer eingetragenen Grundschuld in Höhe von … € unterblieben (vgl. Bl. 4, 8, 24 ff. der Grundstücksakte).

Im weiteren Verlauf stiegen die Abgabenrückstände des Antragstellers weiter an. Dies veranlasste das Finanzamt im Oktober 2020 dazu, den Vollziehungsbeamten mit der Vollstreckung in bewegliche Sachen zu beauftragen. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Abgabenrückstände des Antragstellers insgesamt … € (Bl. 230 ff. der Vollstreckungsakte). Nachdem der Vollziehungsbeamte den Antragsteller weder bei einem ersten Termin noch (nach entsprechender Ankündigung) bei einem zweiten Termin unter dessen Meldeanschrift antraf (Bl. 232 und 237 ff. der Vollstreckungsakte), beantragte das Finanzamt am 2. März 2021 einen Durchsuchungsbeschluss. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Abgabenrückstände des Antragstellers … € (Bl. 242 ff. der Vollstreckungsakte).

Kurze Zeit danach, am 30. März 2021, ...

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