rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Heilung einer fehlerhaften öffentlichen Zustellung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein nach § 9 Abs. 1 VwZG heilbarer Mangel liegt auch dann vor, wenn die öffentliche Zustellung wegen einer Verletzung der Ermittlungspflicht der Behörde über den Aufenthalt des Empfängers unwirksam ist.
  2. Der Zugang einer Fotokopie, die als besondere Form der Abschrift die für den Adressaten bestimmte Ausfertigung nach Inhalt und Fassung vollständig wiedergibt, kann eine fehlerhafte Zustellung heilen.
 

Normenkette

VwZG §§ 15, 9 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1998, 1999

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Kindergeld für die am . September 1972 geborene Tochter der Klägerin…für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis 30. September 1999. Dem Streitfall liegt im Einzelnen folgender Sachverhalt zugrunde:

Das früher für die Klägerin zuständige Arbeitsamt…-Familienkasse- hob mit Bescheid vom 7. April 2000 die Festsetzung des Kindergeldes für…ab Januar 1998 auf und forderte von der Klägerin das ausgezahlte Kindergeld zurück. Der mit einfachem Brief an die Adresse der Klägerin(... in ...) gerichtete Bescheid kam mit dem Postvermerk „unbekannt verzogen” zurück. Die vom Arbeitsamt beim Einwohnermeldeamt der Stadt…eingeholte Auskunft aus dem Melderegister ergab, dass die Klägerin nach wie vor unter der bekannten Adresse gemeldet war. Der daraufhin vom Arbeitsamt erneut unternommene Versuch einer Übersendung des Bescheides vom 7. April 2000 mittels einfachen Briefes scheiterte jedoch wiederum, weil auch diese Sendung mit dem Vermerk „unbekannt verzogen” zurückkam. Im Anschluss hieran veranlasste die Behörde die öffentliche Zustellung des Bescheides gemäß § 15 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG).

Im anschließenden Zwangsvollstreckungsverfahren legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 4. Februar 2001 Unterlagen vor, um den ihrer Meinung nach entgegen der Auffassung der Behörde bestehenden Kindergeldanspruch zu belegen. Mit Verfügung vom 31. Mai 2001 forderte das Arbeitsamt die Klägerin hieraufhin zur Abgabe eines Antrages auf Kindergeld sowie zur Vorlage weiterer Nachweise auf und fügte eine Kopie des Bescheides vom 7. April 2000 bei.

Der daraufhin gestellte Antrag auf Kindergeld wurde am 1. Oktober 2002 mit der Begründung zurückgewiesen, aufgrund des bestandskräftigen Aufhebungsbescheides vom 7. April 2000 könne Kindergeld aus verfahrensrechtlichen Gründen erst ab dem Folgemonat (also Mai 2000) festgesetzt werden, was allerdings deshalb nicht mehr in Betracht komme, weil das Kind bereits im September 1999 das 27. Lebensjahr vollendet habe und damit die Anspruchsvoraussetzungen für Kindergeld nicht mehr vorlägen.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2002 liegt - ebenso wie dem Ablehnungsbescheid - die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Bekanntgabe sogenannter Null-Festsetzungen (vgl. insbesondere Urteile vom 25. Juli 2001 VI R 164/98, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2002, 89 und VI R 78/98, BStBl II 2002, 88) zugrunde. Danach erstreckt sich die Bindungswirkung bestandskräftiger Bescheide, mit denen die Gewährung von Kindergeld abgelehnt wird bzw. eine Kindergeldfestsetzung aufgehoben wird, auf die Zeit bis zum Ende des Monats seiner Bekanntgabe. Auf einen danach erneut gestellten Antrag kann Kindergeld rückwirkend (nur) ab dem auf die Bekanntgabe des Bescheides folgenden Monat bewilligt werden.

Gegen die auf diesen Rechtsgrundsätzen beruhende zurückweisende Einspruchsentscheidung richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin macht geltend, die Rechtsprechung des BFH zur Bindungswirkung einer bestandskräftigen Null-Festsetzung stehe der beantragten Bewilligung des Kindergeldes für die Zeit von Januar 1998 bis September 1999 nicht entgegen, weil der Bescheid vom 7. April 2000 nicht wirksam zugestellt worden sei. Es fehle nämlich an den rechtlichen Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung gemäß § 15 VwZG. Eine solche öffentliche Bekanntmachung sei nämlich nach gefestigter Rechtsprechung nur dann zulässig, wenn der Aufenthaltsort des Empfängers trotz gebotener Nachforschungen bei Post, Polizei und anderen Behörden oder weiteren Prozessbeteiligten nicht zu ermitteln sei. Die Familienkasse habe solche Ermittlungen jedoch unterlassen und insbesondere weder bei der Tochter der Klägerin noch bei dem für sie zuständigen Finanzamt Nachforschungen angestellt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die beklagte Behörde unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 1. Oktober 2002 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2002 zu verpflichten, für das Kind…Kindergeld in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 30. September 1999 zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Auffassung ist der Bescheid vom 7. April 2000 wirksam zugestellt worden und aufgrund der Bindungswirkung dieses bestandskräftigen Bescheides die begehrte Kindergeldbewilligung ausgeschlossen.

Dem Gericht haben die bei der beklagten Behörde zu Kindergeldnummer ... geführten ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge