Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfügbarkeit des Körperschaftssteuerguthabens trotz fehlender vorheriger gesonderter Feststellung
Leitsatz (redaktionell)
Ist im Falle der Verschmelzung für die übertragende Körperschaft ein Körperschaftssteuerguthaben auf den steuerrechtlichen Übertragungsstichtag festgestellt und nimmt diese Körperschaft eine offene Gewinnausschüttung zeitlich zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister der übernehmenden Körperschaft vor, so kann dies bereits im Ausschüttungsjahr zu einer Körperschaftssteuerminderung bei der übernehmenden Körperschaft führen. Dass es an einer vorherigen Feststellung des Körperschaftssteuerguthabens unmittelbar zu Gunsten der übernehmenden Körperschaft fehlt, steht dem nicht entgegen.
Normenkette
KStG § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1, §§ 37, 40; UmwStG § 2
Streitjahr(e)
2002
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin das zum 1. Januar 2002 festgestellte Körperschaftsteuerguthaben der im Streitjahr (2002) auf die Klägerin verschmolzenen X GmbH für eine Körperschaftsteuerminderung nutzen kann.
Die Klägerin, eine GmbH, wurde 1999 – als zunächst wirtschaftlich inaktive sog. Vorratsgesellschaft – gegründet und am 6. Juni 2001 ins Handelsregister eingetragen.
Die damals wirtschaftlich aktive X GmbH nahm im Juni 2002 eine offene Gewinnausschüttung in Höhe von … EUR durch Auszahlung an ihre Gesellschafter vor. Zum 1. Januar 2002 hat der Beklagte (das Finanzamt) durch bestandskräftigen Bescheid vom … April 2008 ein Körperschaftsteuerguthaben der X GmbH in Höhe von … EUR nach § 37 Abs. 2 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (KStG) festgestellt. Auf den Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen (Bl. 82 ff der Gerichtsakte, Anlage zum Schriftsatz des Finanzamtes vom April 2008).
Durch notariellen Vertrag vom…August 2002 wurde die X GmbH auf die Klägerin verschmolzen. Dabei übertrug die X GmbH gem. §§ 2 bis 35, 46 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) ihr Vermögen als Ganzes zu Buchwerten auf die Klägerin. Die übertragende und die übernehmende Gesellschaft waren sich darüber einig, dass der Vermögensübergang im Innenverhältnis mit Wirkung von Beginn des 2. Januar 2002 (Verschmelzungsstichtag) erfolgte. Von diesem Zeitpunkt an sollten alle Handlungen und Geschäfte der übertragenden Gesellschaft als für Rechnung der übernehmenden Gesellschaft getätigt gelten. Die Gesellschafter der aufgelösten übertragenden Gesellschaft erhielten je einen neuen, ab dem 2. Januar 2002 gewinnberechtigten Geschäftsanteil an der übernehmenden Gesellschaft. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Verschmelzungsvertrags wird auf dessen Inhalt verwiesen (Bl. 50 ff. des Sonderbands für Verträge).
Die X GmbH stellte zum 1. Januar 2002 nach § 17 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) eine Schlussbilanz auf. Die Verschmelzung wurde am 12. 11. 2002 im Handelsregister des Sitzes der Klägerin eingetragen.
Durch Bescheid vom ...2.2003 stellte das Finanzamt die Endbestände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals (Körperschaftsteuerguthaben) der Klägerin gem. § 36 Abs. 7 KStG gesondert auf 0 DM fest. Unter Hinweis hierauf verwehrte das Finanzamt der Klägerin bei der Körperschaftsteuerfestsetzung für 2002 eine Körperschaftsteuerminderung und setzte durch nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellten Bescheid vom ...9.2003 die Körperschaftsteuer auf … EUR sowie den Solidaritätszuschlag auf … EUR fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom ...1.2004) hat die Klägerin Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat das Finanzamt am ...4.2005 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten, den Streitpunkt nicht berührenden Bescheid erlassen und die Körperschaftsteuer auf … EUR sowie den Solidaritätszuschlag auf … EUR heraufgesetzt.
Auf den übrigen Inhalt der o.a. Bescheide und der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen (Bl. 1 der Feststellungsakte, Bl. 6, 14 und 38 der Gerichtsakte).
Mit der Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:
In § 4 Abs. 1 des UmwG habe der Gesetzgeber die Verschmelzung von Unternehmen als rechtsgeschäftlichen Akt der Gesamtrechtsnachfolge konstruiert. Dementsprechend sei auch das der X GmbH zustehende Körperschaftsteuerguthaben auf sie, die Klägerin, übergegangen. Ihr Anspruch auf die Gewährung der Körperschaftsteuerminderung werde auch dadurch unterstrichen, dass die X GmbH zum Zeitpunkt ihrer Gewinnausschüttung zivilrechtlich noch bestanden habe und die Verschmelzung gem. §19 UmwG erst mit der Eintragung im Handelsregister am 12.11.2002 wirksam geworden sei. Die Ausschüttung sei aus den Gewinnen vorgenommen worden, die die X GmbH bis zum 31.12.2001 erzielt habe. Durch die steuerliche Rückwirkung seien die der Körperschaftsteuer unterworfenen Gewinne und damit auch ein entsprechendes Körperschaftsteuerguthaben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf sie, die Klägerin, übergegangen. Deshalb sei ihr als Gesamtrechtsnachfolgerin die Körperschaftsteuermi...