rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten für nicht buchführungspflichtige Personen
Leitsatz (redaktionell)
- Die Möglichkeit der Rücknahme eines Verwaltungsaktes aufgrund eines wirksamen Widerrufsvorbehaltes (§ 131 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 AO analog) ist auch bei einem rechtswidrigen Verwaltungsakt möglich.
- Aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 2 AO ergibt sich, dass Unternehmen, die bereits kraft Gesetzes keine Bücher führen müssen und denen deshalb keine Erleichterungen nach § 148 AO gewährt werden können, nicht nach vereinnahmten Entgelten besteuern dürfen.
Normenkette
UStG § 20; AO § 130 Abs. 2, § 131 Abs. 2 Nr. 1
Streitjahr(e)
2007
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 13.07.2007, mit welcher der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Genehmigung zur Besteuerung der klägerischen Umsätze nach vereinbarten Entgelten zurückgenommen hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die ein von ihr in A errichtetes Büro- und Geschäftsgebäude mit Kinozentrum zu fremdgewerblichen Zwecken vermietet hat. Als grundstücksverwaltende GbR bezieht sie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Die Klägerin ist weder nach § 140 AO i.V.m. § 238 HGB noch nach § 141 AO zur Buchführung verpflichtet und ermittelt ihre Einkünfte daher als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Aufgrund ihrer Option nach § 9 Abs. 2 UStG erzielt die Klägerin umsatzsteuerlich – überwiegend – umsatzsteuerpflichtige Umsätze; diese beliefen sich in 2006 auf 692.921,-- EURO und im laufenden Kalenderjahr (bis August 2007) auf ca. 540.000 EURO.
Am 05.01.2001 hatte die Klägerin beantragt, die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 Abs. 1 UStG) zu berechnen und zur Begründung angeführt, die Gesellschaft sei aufgrund ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht zur Buchführung verpflichtet (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UStG). Diesem Antrag gab das FA am 11.01.2001 statt, weil die Klägerin von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit sei (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 UStG).
Nachdem das FA die Berechnung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten im Rahmen einer die Jahre 1998-2000 betreffenden Betriebsprüfung unbeanstandet gelassen hatte (Tz 13 des Bp-Berichtes vom 16.08.2002), änderte es im Anschluss an die folgende Betriebsprüfung (Tz 12 des Bp-Berichtes vom 21.11.2005) seine Ansicht und nahm die Genehmigung am 07.02.2006 zurück. Dagegen erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage (6 K 161/07). Im Laufe des Klageverfahrens hob das FA – auf einen rechtlichen Hinweis des Berichterstatters – die Rücknahmeverfügung am 13.07.2007 aus formellen Gründen auf. Mit Verfügung vom gleichen Tage nahm das FA die Genehmigung zur Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten mit Wirkung ab 01.01.2008 gemäß § 130 AO i.V.m. § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO (analog) zurück. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde durch die Einspruchsentscheidung vom 03.08.2007 als unbegründet zurückgewiesen: Aus dem eindeutigen Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 2 AO ergebe sich, dass Unternehmer, die bereits kraft Gesetzes keine Bücher führen müssen und denen deshalb keine Buchführungserleichterungen nach § 148 AO gewährt werden könnten, nicht nach vereinnahmten Entgelten besteuern dürften. Die Vorschrift erlaube auch keine Auslegung nach der möglichen Intention des Gesetzgebers, um die umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflichten an die ertragsteuerlichen Erfordernisse anzugleichen.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzinteresse weiter und bringt unter Hinweis auf das Verfahren 6 K 161/07 im Wesentlichen vor:
a) Nach der Gesetzesintention müsse § 20 Abs. 1 Nr. 2 UStG auch für solche Unternehmen gelten, die vom Grundsatz her überhaupt keine Bücher führen müssten, da ansonsten lediglich für Zwecke der Umsatzbesteuerung Aufzeichnungspflichten instruiert würden, die verpachtende Betriebe nicht kennen. § 20 UStG liege der Gedanke zugrunde, dass Unternehmen, denen das FA für ertragsteuerliche Zwecke keine kaufmännische Buchführung abverlange, auch für Zwecke der Umsatzsteuer berechtigt sein sollten, sich auf die Aufzeichnung der Zahlungseingänge zu beschränken. Die Vorschrift ermögliche es somit, eine für das Ertragsteuerrecht getroffene Entscheidung für Zwecke der Umsatzbesteuerung zu übernehmen.
b) Zu Unrecht stelle das FA allein auf den Wortlaut ab. § 20 Abs. 1 UStG sei nicht mit § 148 AO abgestimmt. Denn § 20 UStG verlange eine Befreiung von der Buchführungspflicht nach § 148 AO, obwohl die Finanzverwaltung auf die Erfüllung von Buchführungs- und Aufzeichnungsverpflichtungen nicht generell verzichten könne. Bei einer Auslegung nach dem strengen Wortlaut würde § 20 Abs. 1 Nr. 2 UStG somit leer laufen.
c) Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gehe in seinem Urteil vom 21.06.1995 (1 K 1064/95) ebenfalls davon aus, dass Vermietungsunternehmen nach vereinnahmten Entgelt...