vorläufig nicht rechtskräftig
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VIII R 66/13)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuflusszeitpunkt von thesaurierten Zinsen aus Lebensversicherungsverträgen im Falle der Novation
Leitsatz (redaktionell)
- Im Falle der Novation liegt ein Zufluss im Zeitpunkt der Schuldumwandlung dann vor, wenn der Gläubiger, hätte er sich für eine Auszahlung entschieden, in der Lage gewesen wäre, den Leistungserfolg in Gestalt der Vereinnahmung des gutgeschriebenen Betrages ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeiführen.
- Eine zum Zufluss führende Novation kann auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage durch Vorausverfügung vor der Entstehung und Fälligkeit der Kapitalerträge getroffen hat.
- Thesaurierte Zinsen aus einem Lebensversicherungsvertrag fließen dem Steuerpflichtigen bei Vertragsänderungen und Umbuchung der Zinsen nicht zu, wenn der Steuerpflichtige nach den vertraglichen Vereinbarungen rechtlich nicht in der Lage ist, die Auszahlung zu verlangen.
- Ob der Steuerpflichtige im Einzelfall tatsächlich die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt und ausgeübt hat und ob eine Schuldumschaffung im alleinigen oder überwiegenden Interesse der Gläubiger lag, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und -würdigung, die dem Finanzgericht obliegt.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2b, § 10 Abs. 1 Nr. 2b dd, § 20 Abs. 1 Nr. 6
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr (2001) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger hatte am … 1981 bei der X Versicherung AG einen Antrag auf Abschluss einer sog. Bankdarlehen-Tilgungsversicherung über … DM gestellt. Die Versicherungspolice, die am … 1981 unter der Versicherungs-Nr. 1111 ausgestellt wurde, sah eine Laufzeit rückwirkend vom 1. Juli 1979 bis zum 1. Juli 1993 vor. Die jährliche Prämienzahlung betrug … DM. Die erste Prämienzahlung erfolgte am 12. November 1981 i. H. v. … DM. Darin enthalten war eine sog. Reservenachzahlung i. H. v. … DM für den Zeitraum 1. Juli 1979 bis 15. Oktober 1981. In der Folgezeit leistete der Kläger jährliche Zahlungen i. H. v. … DM.
Anlässlich einer bei der Fa. „A GmbH & Co. KG” in den Jahren 1986/1987 durchgeführten Außenprüfung wies der Betriebsprüfer den Kläger darauf hin, dass der Versicherungsvertrag eine Laufzeit von weniger als 12 Jahren beinhalte und daher die künftigen Erträge aus der Versicherung zu versteuern seien. Daraufhin änderte der Kläger (im Einvernehmen mit der X Versicherung AG) den Versicherungsvertrag. Der Nachtrag zum Versicherungsschein 1111 vom 17. August 1989 sah beginnend mit dem 1. Juli 1989 eine Verlängerung der Laufzeit und der Beitragszahlung bis zum 1. Juli 2001 und die Erhöhung der Versicherungssumme auf … DM vor.
Am 5. Juli 1990 wurde (rückwirkend ab dem 1. Juli 1990) die Versicherung 1111 bis zum Vertragsablauf am 1. Juli 2001 beitragsfrei gestellt und die Versicherungssumme auf … DM herabgesetzt. Diese Vorgehensweise hatte die Versicherungsgesellschaft dem Kläger bereits im Vorfeld der Vertragsänderung vom 17. August 1989 empfohlen.
Erstmals im Rahmen der Veranlagung 1993 wurden dem damals zuständigen Veranlagungsfinanzamt … (FA …) die vorgenannten Änderungen bekannt (Schreiben der damaligen Steuerberater der Kläger vom 17. November 1995; Bl. 20 ff. des Sonderbandes „Lebensversicherungen”). Auf eine entsprechende Anfrage hin teilten die damaligen Steuerberater dem FA … mit, dass die bis zum 1. Juli 1989 erwirtschafteten Zinsen 600.000 DM betragen hatten (Schreiben vom 29. August 1996; Bl. 37 f. des Sonderbandes „Lebensversicherungen”). Das FA … sah einen steuerpflichtigen Zinszufluss i. H. v. 600.000 DM als gegeben an und erließ dementsprechend am 14. November 1996 einen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 1989. Der dagegen eingelegte Einspruch war erfolgreich (s. Aufhebungsbescheid vom 26. Juni 1997; Bl. 142 Sonderband „Lebensversicherungen”).
Am 26. Februar 2003 reichten die Kläger beim FA … ihre Einkommensteuererklärung für 2001 ein. In der Anlage KAP erklärten sie u.a. Zinsen und andere Erträge aus Lebensversicherungen i. H. v. 3.200.000 DM. Beigefügt war eine am 18. Juni 2001 von der Versicherung AG … ausgestellte Steuerbescheinigung über eine am 1. Juli 2001 vorgenommene Auszahlung i. H. v. 3.200.000 DM für den Zeitraum 1. Juli 1989 bis 1. Juli 2001. Das FA … veranlagte erklärungsgemäß (unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO; Bl. 107 der Einkommensteuerakte --ESt-Akte--).
Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 20. November 2003 legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen Folgendes vor:
Die Zinserträge aus der Lebensversicherung seien (entgegen der eingereichten Zinsbescheinigung) gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr gültigen Fassu...