rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Verzinsung von (etwaigen) Erstattungsansprüchen
Leitsatz (redaktionell)
Die Abgabenordnung sieht in §§ 233 ff AO keinen allgemeinen Anspruch auf Verzinsung für den Zeitraum nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung vor.
Normenkette
AO §§ 233, 233a, 236, 218
Streitjahr(e)
2017
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Zinsfestsetzung zur Einkommensteuer 2017.
Am 10.03.2022 gab der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2017 vom 10.03.2022 zur Post. Daraus ergab sich eine Überzahlung von Einkommensteuer in Höhe von 4.265 Euro und des Solidaritätszuschlags in Höhe von 227,92 Euro. Eine Festsetzung von Erstattungszinsen erfolgte zunächst nicht.
Eine Auszahlung des Guthabens erfolgte zunächst ebenfalls nicht. Vielmehr teilte das Finanzamt Z dem Kläger mit Schreiben vom 17.03.2022 mit, dass das Guthaben auf Grund eines Aufrechnungsersuchens (Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz) vom 23.09.2019 an das Jugendamt des Landratsamt A überwiesen worden sei. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben an den Beklagten vom 10.04.2022 Einspruch ein. Mit Schreiben vom 11.05.2022 erklärte das Finanzamt Z die Aufrechnung nunmehr nur noch in Höhe von 1.360 Euro. Der Mehrbetrag in Höhe von 3.132,92 Euro wurde am 20.04.2022 an den Kläger überwiesen.
Mit Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer 2017 des Beklagten vom 16.12.2022 setzte der Beklagte zugunsten des Klägers Erstattungszinsen in Höhe von 224 Euro nachholend für den Zeitraum vom 01.04.2019 bis 14.03.2022 fest. Auch hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und begründete dies damit, der Zinslauf im Hinblick auf die teils am 20.04.2022 erfolgte und im Übrigen noch ausstehende Erstattung der Einkommensteuer 2017 falsch sei.
Den Einspruch wegen Zinsen zur Einkommensteuer 2017 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 03.04.2023 (Schreiben vom 05.04.2023 = Bl. 45 ff. FG-Akten) zurück und begründete dies damit, dass nach § 233a der Abgabenordnung (AO) der Zinslauf mit Ablauf des Tages ende, in dem der Steuerbescheid bekannt gegeben werde. Die Bekanntgabe sei am 14.03.2022 (Montag) erfolgt, weil der Bescheid am 10.03.2023 zur Post gegeben worden sei. Der Zinslauf und die Zinsen seien daher zutreffend berechnet.
Gegen die Nichterstattung der 1.360 Euro und die Ablehnung der weitergehenden Zinsfestsetzung hat der Kläger die zunächst zusammenhängende Klage gegen das Finanzamt Y, den hiesigen Beklagten, erhoben. Das Verfahren wurde insoweit zunächst unter dem Aktenzeichen 4 K 465/23 geführt. Mit Beschluss vom 28.06.2023 wurde das Verfahren wegen Abrechnung und Erstattung von Einkommensteuer 2017 abgetrennt; jenes Verfahren wird unter dem Aktenzeichen 4 K 644/23 geführt und ebenfalls am 06.11.2023 mündlich verhandelt.
Die vorliegend streitgegenständliche Klage wegen Zinsen zur Einkommensteuer 2017 wird weiterhin unter dem Aktenzeichen 4 K 465/23 geführt.
Der Kläger meint, dass er auch dafür, dass die Erstattung teils erst später und teils noch gar nicht ausgezahlt worden sei, Erstattungszinsen verlangen könne.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 16.12.2022 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2023 den Beklagten ferner zu verpflichten, auf den Erstattungsanspruch Zinsen festzusetzen.
Der nicht zur mündlichen Verhandlung erschienene Beklagte hält die Klage aus den Gründen der Einspruchsentscheidung für unbegründet. Der Zinslauf habe am 14.03.2022 geendet.
Dem Gericht liege ein Band Einkommensteuerakten vor und die Gerichtsakten für die Verfahren 4 K 465/23 und 4 K 644/23 vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die (zulässige) Klage ist unbegründet. Denn der Klägerin hat keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Festsetzung von Zinsen für den Zeitraum nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids 2017 (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
a) Hinsichtlich der Zinsen von Steuererstattungen nach § 233a der Abgabenordnung (AO) hat der Beklagten die Zinsen zutreffend mit dem nach § 233a Abs. 2 Satz 3 AO am 14.03.2022 mit der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids endenden Zinslauf berechnet. Insoweit folgt das Gericht der Begründung der Einspruchsentscheidung vom 03.04.2023, auf die zur weiteren Begründung verwiesen wird (§ 105 Abs. 5 FGO).
b) Ein zeitlich weitergehender Zinsanspruch des Klägers besteht nicht. Denn die Abgabenordnung sieht in §§ 233 ff AO keinen allgemeinen Anspruch auf Verzinsung für den Zeitraum nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung vor (vgl. Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 233 AO Rz. 2, 6). Zwar können auch nach § 236 AO sog. Prozesszinsen auf Erstattungsansprüche entstehen. Nach § 236 Satz 1 AO setzen Prozesszinsen aber voraus, dass durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt wird oder eine Steuervergütung gewährt wird. Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Denn im Zusammenhang mit den begehrten Zahlungen hat (bisher) kein Gericht einen Erstattungsanspruch rechtskräfti...