rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnung durch ein für die Kassengeschäfte für mehrere Finanzamtsbezirke zuständiges Finanzamt
Leitsatz (redaktionell)
- § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG erlaubt den Ländern, durch Verordnung die Kassengeschäfte einem Finanzamt für den Bezirk mehrerer anderer Finanzämter zu übertragen.
- Die Entscheidung über die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen kann von der Zuständigkeitsübertragung für Kassengeschäfte ausgenommen werden.
Normenkette
AO § 218 Abs. 2; FVG § 17 Abs. 2 S. 3
Streitjahr(e)
2017
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Auszahlung des sich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2017 ergebenden Guthabens des Klägers.
Der Beklagte ist das unstreitig für die Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer zuständige Finanzamt.
Mit Einkommensteuerbescheid 2017 des Beklagten vom 10.03.2022 ergab sich eine Überzahlung von Einkommensteuer in Höhe von 4.265 Euro und des Solidaritätszuschlags in Höhe von 227,92 Euro. Im Abrechnungsteil, der mit „Abrechnung … der Finanzkasse des Finanzamts Z“ überschrieben ist, heißt es: „Sofern diese Steuerfestsetzung zu einer Erstattung führt und dem Finanzamt eine Abtretung, Verpfändung, Pfändung oder Zahlungsanweisung vorliegt, wird der zu erstattende Betrag, vorbehaltlich einer möglichen Aufrechnung nach § 226 AO i.V.m. §§ 387 ff. BGB, an den Ihnen bekannten Abtretungsempfänger, Pfandgläubiger, Pfändungsgläubiger oder Anweisungsempfänger ausbezahlt. Ein danach etwaig verbleibender Restbetrag wird auf Ihr Konto überwiesen.“
Eine Auszahlung des Guthabens erfolgte zunächst nicht. Vielmehr teilte das Finanzamt Z dem Kläger mit Schreiben vom 17.03.2022 mit, dass das Guthaben auf Grund eines Aufrechnungsersuchens (Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz) vom 23.09.2019 an das Jugendamt des Landratsamt A überwiesen worden sei. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben an den Beklagten vom 10.04.2022 Einspruch ein. Das Finanzamt Z teilte dem Kläger mit Schreiben vom 29.04.2022 mit, dass das Schreiben vom 10.04.2022 bearbeitet werde. Mit Schreiben vom 11.05.2022 erklärte das Finanzamt Z die Aufrechnung nunmehr nur noch in Höhe von 1.360 Euro. Mit weiteren Schreiben vom 11.05.2023 teilte das Finanzamt Z mit, dass nun eine Rücküberweisung des Jugendamts in Höhe von 3.132,92 Euro erfolgt und an den Kläger erstattet worden sei. Die Aufrechnung vom 17.03.2022 stelle keinen Verwaltungsakt dar und habe auf einer treuhänderischen Abtretung des Anspruchs durch das Jugendamt beruht.
Mit Bescheid des Beklagten über Zinsen zur Einkommensteuer 2017 vom 16.12.2022 wurden zugunsten des Klägers Erstattungszinsen in Höhe von 224 Euro nachholend für den Zeitraum vom 01.04.2019 bis 14.03.2022 festgesetzt. Auch hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und begründete dies damit, die Zinsberechnung im Hinblick auf die teils erst nach dem 14.03.2022 erfolgte und die im Übrigen noch ausstehende Erstattung der Einkommensteuer 2017 falsch sei. Den Einspruch wegen Zinsen zur Einkommensteuer 2017 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 05.04.2023 zurück.
Gegen die Nichterstattung der 1.360 Euro und die Zinsfestsetzung hat der Kläger die zunächst zusammenhängende Klage gegen das Finanzamt Y, den hiesigen Beklagten, erhoben. Das Verfahren wurde insoweit zunächst unter dem Aktenzeichen 4 K 465/23 geführt. Mit Beschluss vom 28.06.2023 wurde das vorliegende Verfahren wegen Abrechnung und Erstattung von Einkommensteuer 2017 abgetrennt und nunmehr unter dem Aktenzeichen 4 K 644/23 geführt. Das Verfahren wegen Zinsen zur Einkommensteuer wird weiterhin unter dem Aktenzeichen 4 K 465/23 geführt.
Nach seinem in der mündlichen Verhandlung ergänzten Vortrag begehrt der Kläger von dem Beklagten nunmehr einen Abrechnungsbescheid ohne Berücksichtigung der Aufrechnung, so dass sich die Auszahlung in Höhe von 1.360 Euro ergebe. Der Beklagte und nicht das Finanzamt Z sei für die Abrechnung zuständig. Dies ergebe sich aus § 19 der Abgabenordnung (AO). Zu dem die Rechtswidrigkeit der Aufrechnung betreffenden Vortrag des Klägers wird auf die Akten verwiesen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, einen Abrechnungsbescheid zu erteilen und darin insbesondere einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.360 € festzusetzen.
Der nicht zur mündlichen Verhandlung erschienene Beklagten hält die Klage für unzulässig, weil das Finanzamt Z für die Abrechnung über die Erstattung zuständig sei.
Dem Gericht liegen ein Band Einkommensteuerakten und die Gerichtsakten für die Verfahren 4 K 644/23 und 4 K 465/23 vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist unzulässig und unbegründet, weil das beklagte Finanzamt Y für die nach § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) durchzuführende Abrechnung über den vom Kläger geltenden Erstattungsanspruch zur Einkommensteuer 2017 und für die anschließende Erstattung nicht zuständig ist und der Kläger gegen Beklagten keinen Anspruch auf Erlass eines Abrechnungsbescheids hat (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
a) Das Abrechnung...