Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermessensverspätungszuschlag bei Einkommensteuerveranlagung mit Guthaben
Leitsatz (redaktionell)
- Ergibt die Einkommensteuerveranlagung eine Erstattung von Vorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen, schließt dies bei verspäteter Abgabe der Steuererklärung nur einen Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 2 AO aus; ein im Ermessen des Finanzamts stehender Verspätungszuschlag von 25 Euro je angefangener Monat nach § 152 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 am Ende AO bleibt möglich. Dieser Verspätungszuschlag ist regelmäßig ermessensfehlerfrei, wenn er damit begründet wird, dass die Einkommensteuererklärung schon in den drei Vorjahren mehrere Monate verspätet abgegeben wurde.
- Erst im Klageverfahren nach § 152 Abs. 1 Satz 2 AO geltend gemachte Entschuldigungsgründe sind unbeachtlich.
Normenkette
AO § 152
Streitjahr(e)
2018
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Verspätungszuschlags.
Der Kläger gab die Einkommensteuererklärung für 2015 am 16.10.2016, für 2016 am 05.11.2017 und für 2017 am 09.11.2018 (Blatt 1 ff. Einkommensteuerakten) ab. Es ergab sich bei den Ausgangs- und den Änderungsbescheiden jeweils eine verbleibende Einkommensteuer zwischen rund ./. 3.900,00 € und ./. 4.400,00 €.
Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2018 wurde am 30.11.2019 abgegeben. Mit Bescheid vom 03.01.2020 (Seite 207 ff. Einkommensteuerakten) wurde Einkommensteuer in Höhe von 21.326,00 € und ein Verspätungszuschlag in Höhe von 100,00 € festgesetzt. Da der Steuerabzug vom Lohn 28.118,00 € betrug, verblieb eine Einkommensteuer von ./. 6.799,00 €. In den Erläuterungen zum Bescheid findet sich die Ausführung, dass der Verspätungszuschlag festgesetzt worden sei, weil die Steuererklärung erst am 30.11.2019 eingegangen sei.
Gegen den Bescheid wurde im Hinblick auf die Festsetzung der Einkommensteuer und des Verspätungszuschlages Einspruch eingelegt (Seite 217 Einkommensteuerakten).
Der Einkommensteuerbescheid wurde mit Datum vom 24.06.2020 (Seite 211 ff. Einkommensteuerakten) geändert und nunmehr Einkommensteuer in Höhe von 23.018,00 € festgesetzt. Es ergab sich eine verbleibende Steuer von ./. 5.289,00 €. Die Festsetzung des Verspätungszuschlags blieb unverändert.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 22.06.2020 (Seite 265 ff. Einkommensteuerakten) zurückgewiesen. Dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid sei mit Bescheid vom 24.06.2019 abgeholfen worden. § 152 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) räume hinsichtlich der Festsetzung des Verspätungszuschlags einen Ermessensspielraum ein. § 152 Abs. 1 AO, der regele, dass eine Festsetzung des Verspätungszuschlages erfolgen müsse, beziehe sich hingegen auf eine Verspätung von mindestens 14 Monaten, die jedoch nicht vorliege. Die Festsetzung des Verspätungszuschlags sei dem Grunde nach gerechtfertigt. Hauptzweck von § 152 AO sei es, den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Erfüllung seiner Steuererklärungspflichten anzuhalten. Der Zuschlag sei ein besonderes Druckmittel, das es den Finanzämtern ermöglichen solle, ein ordnungsgemäßes und planmäßiges Festsetzungsgeschäft durchzuführen. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse der Zuschlag so bemessen sein, dass er für den Steuerpflichtigen spürbar sei. Für die Bemessung der Höhe des Zuschlags sei insbesondere die Regelmäßigkeit der Verspätungen von Bedeutung. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlages könne hingegen abgesehen werden, wenn die Versäumnis entschuldbar erscheine. Das Versäumnis sei regelmäßig dann nicht entschuldbar, wenn die Steuererklärung wiederholt nicht oder nicht fristgerecht abgegeben oder eine von der Finanzbehörde antragsgemäß bewilligte Fristverlängerung nicht eingehalten werde. Gem. § 149 Abs. 2 AO sei die Steuererklärung für 2018 bis zum 31.07.2019 abzugeben gewesen. Die Erklärung sei jedoch erst im November 2019 und somit vier Monate verspätet eingereicht worden. Auch die Erklärungen der Jahre 2015 – 2017 seien verspätet eingereicht worden. Auf die Festsetzung von Verspätungszuschlägen sei für diese Veranlagungszeiträume verzichtet worden. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags sei angebracht, weil der Kläger seine Erklärungen wiederholt verspätet eingereicht habe. Diese Vorgehensweise sei nach ständiger Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Die Festsetzung sei auch der Höhe nach gerechtfertigt, weil gem. § 152 Abs. 5 AO als Zuschlag mindestens 25,00 € für jeden angefangenen Monat festzusetzen seien. Die klägerische Auffassung, dass bei einem Steuerguthaben kein Verspätungszuschlag festzusetzen sei, sei nicht zutreffend. Vielmehr sei ein Betrag von 25,00 € für jeden Monat der Verspätung festzusetzen, unabhängig davon, ob ein Steuerguthaben oder eine Steuernachzahlung vorliege.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Der Kläger wiederholt, ergänzt und vertieft sein Vorbringen dahin, dass der Verspätungszuschlag aufzuheben sei, weil bzgl. der Festsetzung formale und sachliche Fehler bestünden.
Als formale Begründung für den Verspätungszuschlag werde lediglich allgemein § ...