Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagefrist. Kündigung einer in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmerin durch den Insolvenzverwalter. Fehlende behördliche Zustimmung
Leitsatz (amtlich)
Fehlt bei einer vom Insolvenzverwalter in der Insolvenz ausgesprochenen Kündigung gegenüber einer in Erziehungsurlaub/Elternzeit befindlichen Arbeitnehmerin die vorherige Zulässigkeitserklärung gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 BErzGG, kann nicht aus der Verweisung des § 113 Abs. 2 Satz 2 InsO auf § 4 Satz 4 KSchG beigeleitet werden, dass die gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 InsO geltende dreiwöchige Klagefrist mangels Bekanntgabe einer Entscheidung der Behörde an die Arbeitnehmerin nicht zu laufen beginnt.
Normenkette
InsO § 113 Abs. 2 S. 2; KSchG § 4 S. 4; BErzGG § 18
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.06.2001; Aktenzeichen 2 Ca 5610/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 2001, Az.: 2 Ca 5610/00 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Die Klägerin war seit 11. Juli 1991 bei der Firma F. R. N. in F. am Main zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt DM 3.300.00 als Kundenbetreuerin beschäftigt. Seit dem 20. November 1999 befindet sie sich in Erziehungsurlaub. Am 30. Juni 2000 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Bl. 12 d.A.) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma F. R. N. eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Ebenfalls am 30. Juni 2000 kündigte der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich zum 30. September 2000, ohne dass die Kündigung zuvor gem. § 18 Abs. 1 BErzGG von der zuständigen Stelle für zulässig erklärt worden wäre.
Mit am 15. August 2000 bei dem Arbeitsgericht Hanau zu Protokoll erklärter Klage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main erhob die Klägerin gegen diese Kündigung Kündigungsschutzklage. Sie hat behauptet, die Kündigung sei ihr am 6. Juli 2000 zugegangen, doch gleichzeitig das Kündigungsschreiben vorgelegt, das den Vermerk enthält „per Bote am 30.6.2000”. Sie ist der Auffassung gewesen, die Kündigung sei wegen Verstoß gegen das Kündigungsverbot nach § 18 BErzGG unwirksam. Die Klageerhebungsfrist des § 113 Abs. 2 InsO sei nicht zu beachten oder laufe zumindest gem. § 113 Abs. 2 Satz 2 InsO i.V.m. § 4 Abs. 4 KSchG erst ab Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer, die aber nicht vorliege.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die von dem Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 30.06.2000 aufgelöst ist, sondern fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Meinung gewesen, die Kündigung sei gem. §§ 4, 7 KSchG als wirksam zu betrachten, da die Klägerin die Klagefrist gem. § 113 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht eingehalten habe. § 4 Satz 4 KSchG sei nicht anwendbar.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 39 d.A.).
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch Urteil vom 20. Juni 2001 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 30. Juni 2000 aufgelöst sei, sondern fortbestehe. Es hat angenommen, die 3-wöchige Klagefrist des § 113 Abs. 2 Satz 1 InsO betreffe dem Wortlaut nach zwar alle von einem Insolvenzverwalter ausgesprochenen Kündigungen ohne Rücksicht darauf, auf welche Unwirksamkeitsgründe sich der Arbeitnehmer berufe. Allerdings sehe § 113 Abs. 2 Satz 2 InsO in Verweis auf § 4 Satz 4 KSchG Ausnahmen vor, die zeigten, dass in den Fällen, in denen eine Kündigung der nachträglichen Zustimmung einer Behörde bedürfe, die Kündigungsschutzrechte des hiervon betroffenen Personenkreises gesetzlich höher bewertet würden, als das in § 113 Abs. 2 Satz 1 InsO normierte Interesse an einer zügigen Durchführung des Insolvenzverfahrens. Durch § 18 BErzGG habe das Kündigungsschutzinteresse von im Erziehungsurlaub befindlichen Arbeitnehmern einen besonderen Schutz erhalten, der auch im Insolvenzverfahren zu beachten sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts verwiesen (Bl. 40–43 d.A.).
Gegen das ihm am 19. Juli 2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am Montag, den 20. August 2001 Berufung eingelegt und diese nach am 03. September 2001 beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19. Oktober 2001 am 18. Oktober 2001 begründet.
Er ist unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter der Ansicht, die Nichteinhaltung der in § 113 Abs. 2 InsO normierten 3-wöchigen Klagefrist müsse angesichts des Zwecks des § 1...