Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
1. Die nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbare USt ist bei Anwendung der 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG) nach umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu ermitteln.
2. Dabei kommt es nicht auf die tatsächliche festgesetzte USt an, denn USt-Bescheid und ESt-Bescheid stehen mangels entsprechender gesetzlicher Grundlagen nicht im Verhältnis Grundlagenbescheid – Folgebescheid.
3. Die nach § 12 Nr. 3 EStG erforderliche Hinzurechnung der USt hat auf den Zeitpunkt der Entnahme zu erfolgen (Bestätigung der Rechtsprechung).
Normenkette
§ 12 Nr. 3 EStG, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG
Sachverhalt
Nach einer Außenprüfung hielt das FA das Fahrtenbuch des Klägers nicht für ordnungsgemäß und wandte zur Bemessung der privaten Pkw-Nutzung die 1 %-Regel an. Die auf die private Pkw-Nutzung entfallende, nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbare USt ermittelte es anhand einer Bemessungsgrundlage von 80 % des Bruttolistenpreises des Pkws und erhöhte den Gewinn entsprechend.
Mit ihrer Klage machten die Kläger geltend, die gem. § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbare USt sei zu hoch berechnet, da nach den USt-Bescheiden für die unentgeltliche Wertabgabe unter Ansatz eines Privatanteils von 12,5 % eine deutlich geringere USt festgesetzt worden sei. Demgemäß sei die ESt zu hoch bemessen.
Das FG wies die Klage ab (FG Nürnberg, Urteil vom 26.04.2007, IV 299/2006, Haufe-Index 1768246).
Entscheidung
Der BFH gab der Revision der Kläger aus den Gründen der Praxis-Hinweise statt und setzte die ESt entsprechend herab. Die nach § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbare USt sei nicht nach ertragsteuerrechtlichen, sondern nach umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu ermitteln.
Hinweis
1. Es kommt nicht oft vor, dass steuerrechtliche Fragen, mit denen die Praxis vermutlich täglich in tausenden von Fällen umgehen muss, noch nicht höchstrichterlich entschieden sind. So lag die Fragestellung dieses Urteils, die unspektakulär erscheint und eher steuertechnisch-handwerklichen Charakter hat. Dass bisher die Finanzgerichtsbarkeit noch nicht damit befasst war, dürfte an den überschaubaren quantitativen Belastungswirkungen der aufgeworfenen Frage liegen.
Der BFH hatte sich wegen des häufigen Vorkommens derartiger Sachverhalte sogar veranlasst gesehen, das BMF zum Beitritt aufzufordern. Das BMF wandte sich – auch das ist selten – gegen die Auffassung des FA und stritt an der Seite des Steuerpflichtigen.
2. Im Kern geht es um das Verhältnis von ESt und USt im Fall der privaten Pkw-Nutzung. Beide Steuern berühren sich in der Vorschrift des § 12 Nr. 3 EStG, nach der die "USt für Umsätze, die Entnahmen sind" weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden darf. Der Umfang dieser Gewinnkorrektur hängt davon ab, wie die USt für die private Pkw-Nutzung zu ermitteln ist. Es kann sich ein grundsätzlicher Gleichlauf von ESt und USt ergeben, die Bemessungsgrundlagen zur Erfassung der Nutzungsentnahme (umsatzsteuerrechtlich: unentgeltliche Wertabgabe) können aber auch für jede Steuerart unabhängig nebeneinander stehen.
a) |
Der Unternehmer kann sich dafür entscheiden, die Nutungsentnahme in Form der privaten Pkw-Nutzung einkommensteuerlich von vornherein nach der 1 %-Regel zu bemessen. Dann kann er auch für Zwecke der Umsatzsteuer zur Ermittlung der Kosten, die auf die nicht unternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs entfallen, aus Vereinfachungsgründen denselben Wert nach der 1 %‐Regelung für die Besteuerung der nicht unternehmerischen Nutzung zugrunde legen. Für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten kann er in diesem Fall einen pauschalen Abschlag von 20 % vornehmen; der so ermittelte Betrag ist ein sog. Nettowert, auf den die USt mit dem allgemeinen Steuersatz aufzuschlagen ist (BMF, Schreiben vom 27.08.2004, IV B 7 – S 7300 – 70/04, BStBl I 2004, 864, Tz. 2.1). |
b) |
Wenn der Unternehmer für Ertragsteuerzwecke die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen gem. der sog. Fahrtenbuchregelung ermittelt (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG), ist dieser Wert auch bei der Ermittlung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nicht unternehmerischen Nutzung maßgebend (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 864, Tz. 2.2). |
c) |
Die einkommensteuerlichen und umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlagen zur Erfassung der privaten Pkw-Nutzung sind hingegen vollkommen unkompatibel, wenn der Unternehmer – wie in diesem Streitfall – kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt und sich auch nicht von vornherein umsatzsteuerlich für die 1 %-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG entschieden hat. Dann ist es unvermeidbar, dass die einkommensteuerrechtlichen und umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen voneinander abweichen.
aa) |
Die nicht als Betriebsausgabe abziehbare USt i.S.d. § 12 Nr. 3 EStG ist auch bei der ertragsteuerlichen Anwendung der sog. 1 %-Regelung nach umsatzsteuerrechtlichen Kriterien zu ermitteln, denn § 12 Nr. 3 EStG spricht von der "USt für Umsätze,... | |