Leitsatz
1. Kauft ein Unternehmer von einem Waldbesitzer Holz und beauftragt dieser den Holzkäufer mit der Fällung, Aufarbeitung und Rückung des Holzes (sog. Selbstwerbung), kommt sowohl ein tauschähnlicher Umsatz (Waldarbeiten gegen Lieferung des Holzes mit Baraufgabe) als auch eine bloße Holzlieferung in Betracht.
2. Entscheidend ist, ob nach dem Inhalt der zugrunde liegenden Vereinbarungen der Unternehmer (Holzkäufer) dem Waldbesitzer mit den vereinbarten Arbeiten einen in Geld ausdrückbaren Vorteil zuwendet und das Entgelt des Waldbesitzers in der Holzlieferung (mit Baraufgabe) bestehen soll oder ob die dem Holzkäufer durch die Waldarbeiten entstehenden Kosten lediglich bei ihm Gestehungskosten für den Erwerb des Holzes sein sollen.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG , § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG , § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG
Sachverhalt
Der Fall Der Kläger führte u.a. Holzeinschlagsarbeiten und sonstige Forstarbeiten durch, bei denen er das von ihm geschlagene und aufgearbeitete Holz gegen Entgelt übernahm. Grundlage waren verschiedene Verträge mit ganz unterschiedlichen Konditionen, die der Kläger mit mehreren Waldbesitzern geschlossen hatte (z.T. Staatsforstverwaltung, z.T. private).
Das FA meinte, es liege stets ein tauschähnlicher Umsatz vor. Dem Kläger werde das jeweilige Holz geliefert; seine Gegenleistung bestehe in der Dienstleistung des Aufarbeitens und der jeweils vereinbarten Zuzahlung. Bemessungsgrundlage sei der Wert der Dienstleistung zuzüglich der Baraufgabe. Das FG sah dies auch so.
Entscheidung
Der BFH verwies die Sache zurück. Für die Vertragsgestaltung ist zu beachten, ein tauschähnlicher Umsatz wird z.B. anzunehmen sein,
- wenn für "Fällen, Aufarbeiten und Bringen" ein gesondertes Entgelt vereinbart ist,
- wenn nicht der Selbstwerber die Gefahr für Untergang und Beschädigung des geschlagenen und gerückten Holzes trägt und
- wenn vor allem die Durchforstung, Aufarbeitung, Lagerung von Sturm- und Käferholz Gegenstand des Vertrags ist.
Hinweis
1. Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG). Wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung besteht, liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG).
Ausgangspunkt für Prüfung, ob ein tauschähnlicher Umsatz vorliegt – also zwei Umsätze, die durch einen "Tausch" miteinander verknüpft sind –, sind die allgemeinen Grundsätze:
Eine Leistung gegen Entgelt ist zu bejahen, wenn
- zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden,
- ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Entgelt besteht,
- der Leistungsempfänger einen Gegenstand oder einen sonstigen Vorteil erhält, auf Grund dessen er als Empfänger einer Lieferung oder Dienstleistung angesehen werden kann.
2. Sollen die dem Holzkäufer durch die Waldarbeiten entstehenden Kosten lediglich bei ihm Gestehungskosten für den Erwerb des Holzes sein, handelt er im eigenen Interesse – wie z.B. beim Selbstpflücken von Erdbeeren oder Blumen –, ohne dass ein tauschähnlicher Umsatz anzunehmen ist.
Allein durch das Fällen, Aufarbeiten und Rücken des Holzes wendet der Holzkäufer dem Waldbesitzer keine geldwerte Leistung zu. Vielmehr liegt nur dann ein tauschähnlicher Umsatz vor, wenn nach dem Inhalt der Vereinbarungen der Waldbesitzer erkennbar nicht nur den holzwerbungsfreien Erlös von verkauftem Holz, sondern von dem Holzkäufer eine bestimmte Dienst- oder Werkleistung beanspruchen kann und dafür eine Gegenleistung schuldet. Diese Voraussetzung ist nicht schon dann erfüllt, wenn ein Unternehmer Holz als Selbstwerber erwirbt und bestimmte Regelungen zum forstwirtschaftlich sachgerechten Einschlag, Aufarbeiten und Rücken sowie zum Schutz des Waldes (Ernteregelungen) getroffen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.2.2004, V R 10/03