Bei einigen Beteiligungsunternehmen kommen maßgebliche Tätigkeiten nur vor, wenn bestimmte Umstände oder Ereignisse eintreten. Das Beteiligungsunternehmen kann so gestaltet sein, dass die Lenkung seiner Tätigkeiten sowie seine Rendite vorgegeben sind, bis diese besonderen Umstände oder Ereignisse eintreten. In diesem Fall können nur die Entscheidungen über die Tätigkeiten des Beteiligungsunternehmens, die bei Eintritt der betreffenden Umstände oder Ereignisse erfolgen, wesentlichen Einfluss auf dessen Rendite haben und somit maßgebliche Tätigkeiten sein. Diese Umstände oder Ereignisse müssen nicht eingetreten sein, damit ein Investor, der diese Entscheidungen treffen kann, Verfügungsgewalt besitzt. Die Tatsache, dass das Entscheidungsrecht daran gebunden ist, dass bestimmte Umstände oder Ereignisse eintreten, lässt diese Rechte nicht an sich schon zu Schutzrechten werden.

A n w e n d u n g s b e i s p i e l e

Beispiel 11

Die einzige Geschäftstätigkeit eines Beteiligungsunternehmens besteht gemäß Festlegung in seinen Gründungsurkunden darin, Forderungen aufzukaufen und auf Tagesbasis für seine Investoren zu verwalten. Diese Verwaltung auf Tagesbasis beinhaltet die Einnahme und Weiterleitung von Kapital- und Zinszahlungen jeweils bei Fälligkeit. Bei Verzug einer Forderung verkauft das Beteiligungsunternehmen die Forderung automatisch an einen Investor. Dies wurde in einer Verkaufsoptionsvereinbarung zwischen Investor und Beteiligungsunternehmen jeweils getrennt vereinbart. Die einzige maßgebliche Tätigkeit besteht im Management der Forderungen bei Verzug, denn dies ist die einzige Tätigkeit, die die Rendite des Beteiligungsunternehmens wesentlich beeinflussen kann. Die Verwaltung der Forderungen vor einem Verzug ist keine maßgebliche Tätigkeit, weil sie keine substanziellen Entscheidungen verlangt, die wesentlichen Einfluss auf die Rendite des Beteiligungsunternehmens haben könnten. Die Tätigkeiten vor einem Verzug sind vorgegeben und laufen nur auf das Einsammeln von Zahlungsströmen bei Fälligkeit und deren Weiterleitung an die Investoren hinaus. Daher ist bei der Beurteilung der gesamten Tätigkeiten des Beteiligungsunternehmens, die wesentlichen Einfluss auf die Rendite des Beteiligungsunternehmen haben, nur das Recht des Investors auf Verwaltung dieser Vermögenswerte bei Verzug zu berücksichtigen. In diesem Bespiel wird durch die Gestaltung des Beteiligungsunternehmens sichergestellt, dass zum einzigen Zeitpunkt, an dem eine solche Entscheidungskompetenz erforderlich ist, der Investor diese Entscheidungskompetenz über die Tätigkeiten mit wesentlichem Einfluss auf die Renditen auch tatsächlich besitzt. Die Bedingungen der Verkaufsoptionsvereinbarung sind integraler Bestandteil des gesamten Geschäftsvorfalls sowie der Errichtung des Beteiligungsunternehmens. Daher lassen die Bedingungen der Verkaufsoptionsvereinbarung zusammen mit den Gründungsurkunden des Beteiligungsunternehmens darauf schließen, dass der Investor Verfügungsgewalt über das Beteiligungsunternehmen besitzt, obgleich er die Forderungen erst bei Verzug in Besitz nimmt und obgleich er die in Verzug geratenen Forderungen außerhalb der gesetzlichen Grenzen des Beteiligungsunternehmens verwaltet.

Beispiel 12

Die Vermögenswerte eines Beteiligungsunternehmens bestehen ausschließlich in Forderungen. Betrachtet man Zweck und Gestaltung des Beteiligungsunternehmens, stellt man fest, dass die einzige maßgebliche Tätigkeit in der Verwaltung der Forderungen bei Verzug besteht. Die Partei mit der Fähigkeit zur Verwaltung der in Verzug geratenden Forderungen hat Verfügungsgewalt über das Beteiligungsunternehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob Kreditnehmer tatsächlich in Verzug geraten sind.

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