Das Ertragswertverfahren ist bei Immobilien anzuwenden, deren Werthaltigkeit sich im Wesentlichen über ihren Ertrag definiert. Gemeint sind die typischen Vermietungs- und Verpachtungsimmobilien. Dies sind insbesondere Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke.
Das Ertragswertverfahren ist in den §§ 184 ff. BewG normiert und hat den Jahresrohertrag einer Immobilie als Ausgangspunkt. Das Ertragswertverfahren lässt sich vereinfacht nach folgendem Schema darstellen:
Rohertrag des Grundstücks
abzgl. Bewirtschaftungskosten
= Reinertrag
abzgl. Verzinsung des Bodenwerts (Liegenschaftzinssatz)
= Gebäudereinertrag
mal individuellen Vervielfältiger (Anlage 21 zum BewG)
= Gebäudeertrag
zzgl. Wert des Grund und Bodens
= Ertragswert des Grundstücks
Rohertrag
Der Rohertrag ist nach § 186 Abs. 1 BewG das Entgelt, das nach den vertraglichen Vereinbarungen als Miete zu zahlen ist. Wohlgemerkt kommt es dabei nicht auf die tatsächlich erhaltene Miete, sondern grundsätzlich auf die Sollmiete aufgrund des Vertrags an. Maßgeblich für die Berechnung ist die Miete für den Zeitraum von 12 Monaten vor dem Bewertungsstichtag.
Ausweislich den Ausführungen von Mannek, gehören neben der vertraglich vereinbarten Miete unter anderem auch noch die nachstehend genannten Beträge zum Entgelt: Mieteinnahmen für Stellplätze und Nebengebäuden (z. B. Garagen), Vergütungen für außergewöhnliche Nebenleistungen des Vermieters (z. B. für Reklamenutzung oder das Aufstellen von Automaten, Untermietzuschläge, Baukostenzuschüsse) und Mietvorauszahlungen, soweit sie auf die Miete anzurechnen sind. Umlagen sind nicht anzusetzen.
Sofern die Immobilie (teilweise) eigengenutzt, ungenutzt, unentgeltlich überlassen oder um mehr als 20 % verbilligt vermietet ist, ist nach § 186 Abs. 2 BewG die übliche Miete anzusetzen. Übliche Betriebskosten bleiben auch hier außen vor. Die übliche Miete ist in Anlehnung an die Miete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird (vgl. § 186 Abs. 3 Satz 2 BewG).
Bewirtschaftungskosten
Die Bewirtschaftungskosten ergeben sich laut § 187 Abs. 2 Satz 1 BewG grundsätzlich nach Erfahrungssätzen der lokalen Gutachterausschüsse. Teilweise können jedoch die Gutachterausschüsse keine geeigneten Erfahrungssätze vorweisen, weshalb die Bewirtschaftungskosten pauschal nach Anlage 23 zum BewG zu ermitteln sind. Der Ansatz von tatsächlichen Bewirtschaftungskosten ist laut Gesetz nicht vorgesehen.
Dafür muss zunächst festgestellt werden, ob es sich um ein Mietwohngrundstück, ein Geschäftsgrundstück oder um ein gemischt genutztes Grundstück handelt. Da diese Kenntnis schon für die Einordnung im Ertragswertverfahren notwendig war, wird diese Frage in der Checkliste für den Mandanten nicht mehr gestellt.
Nach der Relation der Wohn- bzw. Nutzfläche muss jedoch noch geklärt werden, ob das gemischt genutzte Grundstück einen gewerblichen Anteil von bis zu 50 % oder von mehr als 50 % hat.
In Abhängigkeit der Grundstücksart (Mietwohngrundstück etc.) und der Restnutzungsdauer ist Anlage 23 zum BewG die Höhe der pauschalierten Bewirtschaftungskosten in Prozent zu entnehmen. Dieser Prozentsatz ist auf den Jahresrohertrag des Gebäudes anzuwenden und davon in Abzug zu bringen.
Ermittlung der Restnutzungsdauer
Weiterhin muss die Restnutzungsdauer der Immobilie bestimmt werden.
Dafür muss zunächst in Abhängigkeit der konkreten Immobilienart die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer aus Anlage 22 zum BewG ermittelt werden. Da es sich hier in erster Linie um Spezialimmobilien handelt, wird zugunsten einer übersichtlichen Checkliste keine Frage zur Immobilienart gestellt. Es empfiehlt sich dies im Einzelfall zu klären.
Die Restnutzungsdauer bestimmt sich nun durch Subtraktion des Alters der Immobilie von der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG.
In der Praxis sind die Regelungen in § 185 Abs. 3 Satz 4 und 5 BewG zu beachten, wonach gilt: Sind nach Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert oder verkürzt haben, ist von einer der Verlängerung oder Verkürzung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen.
Ausweislich des gleichlautenden Ländererlasses vom 8.1.2016 kommt nach Punkt I. 1. Abs. 5 eine Verkürzung der Restnutzungsdauer nur bei bestehender Abbruchverpflichtung für das Gebäude in Betracht. Baumängel und Bauschäden oder wirtschaftliche Gegebenheiten können im typisierenden Bewertungsverfahren nach der Verwaltungsmeinung zu keiner Verkürzung der Restnutzungsdauer führen.
Demgegenüber führen nach dem Ländererlass durchgreifende Modernisierungen innerhalb der letzten 10 Jahre zu einer Verlängerung der Restnutzungsdauer. Ob eine durchgreifende Modernisierung im Einzelfall vorliegt ist anhand der Tabelle des Ländererlass zu prüfen.
Hinweis für die Praxis: Hinsichtlich der durchgeführten Modernisierungsarbeiten ist auf die überwiegende Erneuerung bzw. Verbesserung der jeweiligen einzelne...