Nicht nur die Methoden, auch die Datenbasis der Unternehmenssteuerung verändert sich, weil vergleichbare Vergangenheitsdaten in einer VUCA-Welt nur noch bedingt aussagekräftig sind. Die Nutzung kausaler Ursache-Wirkungs-Ketten werden den komplexen Informationsströmen nicht mehr gerecht.
Entscheidungsträger benötigen ein tiefes Verständnis der Strategie des Unternehmens und vor diesem Hintergrund als Entscheidungsgrundlage oft deutlich operativere Detailinformationen als bisher anstelle aggregierter Reports – und diese um ein Vielfaches schneller (da situationsbezogen konkret). Die Kooperation der Controller und Qualitätsmanager mit "ihren" Führungskräften weicht einer direkten Zusammenarbeit mit allen operativ verantwortlichen Mitarbeitern.
Die Steuerung geht zudem zunehmend über die Unternehmensgrenzen hinaus und betrifft die gesamte Wertschöpfungskette, weil sie sich zu Wertschöpfungsnetzwerken entwickeln. Es entstehen Kooperationen mit Marktpartnern (auch mit Wettbewerbern), z. B. über eine deutlich stärkere wechselseitige Einbindung von Lieferanten und Kunden in die jeweils eigene Wertschöpfung. Damit wirken sich auch Entscheidungen gezielt und direkt auf Abläufe in Partnerunternehmen aus. Z. B. bewirkt die transparent abgestimmte Priorisierung von Aufträgen eine andere Kapazitätsplanung beim Lieferanten und die resultierenden Liefertermine können direkt in Entscheidungen bzgl. der eigenen Lieferfähigkeit überführt werden.
Dezentrale Teams und ihre Mitarbeiter sind in diesem Umfeld auf eine unmittelbare Vernetzung mit anderen Teams und deren Mitarbeitern angewiesen, da die erforderliche Informationsversorgung über den Dienstweg einer Management-Hierarchie nicht geleistet werden kann. Diese Vernetzung zu organisieren und durch eine adäquate Infrastruktur bis hin zur Einbeziehung sozialer Medien zu unterstützen, gehört zu den neuen Aufgaben der Unternehmenssteuerung. Dabei spielt auch der Einsatz von "Social Intranets" eine wichtige Rolle. Sie können den kulturellen Wandel vorantreiben. Ihre Instrumente für Dialog, Vernetzung und Interaktion eröffnen neue Möglichkeiten für die bereichsübergreifende Zusammenarbeit. Hierbei helfen z. B. themenbezogene Gruppenräume und Workspaces, in denen Gleichgesinnte Antworten auf komplizierte Fragestellungen erörtern, in den produktiven Dialog treten oder sich virtuell coachen. Durch die spezifischen Angaben zu Kenntnissen und zur Fachexpertise (Fremdsprachen, Auslandserfahrungen etc.) können sich Mitarbeiter unternehmensweit als profunder Ansprechpartner profilieren und besser gefunden werden – um im Gegenzug genauso von den Fähigkeiten ihrer Kollegen zu profitieren.
Was ist ein Social Intranet?
"Ein Social Intranet ist eine Softwareplattform, die den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit in Unternehmen fördern soll. Wie ein Intranet ist es nur für einen bestimmten Personenkreis verfügbar und kann unabhängig vom öffentlichen Netz benutzt werden. Es ergänzt das klassische Intranet jedoch um Elemente der sozialen Netzwerke."
Eine Dezentralisierung von Entscheidungen führt automatisch dazu, dass die gemeinsamen (vertikalen) Kommunikationswege entfallen. Und als Ersatz brauchen wir Collaboration-Tools und Social Intranets.
Die Anforderungen an eine sinnvolle Auswahl von Steuerungsinstrumenten schließen unter diesen Bedingungen auch die aktive Selektion von Entscheidungssituationen ein, auf die Nobelpreisträger Daniel Kahneman hingewiesen hat:
- einfache Entscheidungsprozesse auf der Basis von Intuition und Heuristiken (schnelles Denken) und
- komplizierte Entscheidungsprozesse auf der Basis gründlicher Abstimmungen und Zuarbeiten (langsames Denken).
Der Bedarf für schnelle Entscheidungen steigt durch die Dynamik im Umfeld und daraus resultierende interne Dynamik (kürzere Innovationszyklen, Erwartungen an schnellere Reaktionen auf Anfragen, Reklamationen etc.) drastisch an. Aber das erfordert auch eine gut durchdachte Strategie des allmählichen kulturellen Wandels. Denn nur die Entscheidungen schnell zu treffen, ist nicht ausreichend. Sie müssen auch entsprechend umgesetzt werden. Die Anforderungen an eine integrative Unternehmenssteuerung umfassen damit auch die Vernetzung des Erkennens von Handlungsbedarf mit der konsequenten Umsetzung der Entscheidungen (s. Abb. 13).
Abb. 13: Instrumente schneller Entscheidungen