WBG Nürnberg – die Zukunft gestalten
Spricht man mit den Verantwortlichen der WBG Nürnberg über ihr Konzept "Zukunft der WBG gestalten", so spürt man schnell, wie viel Engagement und Überzeugung, aber auch wie viel Aufwand dahinterstehen. Denn das Konzept, das mit dem DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft 2024 ausgezeichnet worden ist, umfasst eine umfangreiche Liste einzelner Maßnahmen, die einem Ziel dienen: Die WBG Nürnberg, mit kapp19.000 Wohneinheiten der maßgebliche Player auf dem Wohnungsmarkt der Frankenmetropole, will sich als modernes, innovatives Unternehmen positionieren, das durch weitreichende Digitalisierung, flexible Arbeitszeitmodelle und permanente Einbeziehung der Mitarbeiter nicht nur eine attraktive Arbeitgeberin ist, sondern auch gut für die kommenden Herausforderungen gerüstet ist.
Klassische Führung infrage stellen
Ausgangspunkt des Prozesses war im Jahr 2013 die Übernahme neuer Aufgaben. "Zusätzlich zum Bestandsmanagement nahm das Bauträgergeschäft Fahrt auf, und die Aufgaben im kommunalen Immobilienmanagement erweiterten sich", blickt Geschäftsführer Frank Thyroff zurück. Dadurch seien viele neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Unternehmen gekommen. Gleichzeitig habe die Digitalisierung Fortschritte gemacht. "Das", so Thyroff, "führte dazu, dass wir unsere Prozesse prüfen mussten." Konkret bedeutete die Prozessprüfung, dass die klassische, hierarchisch geführte Linienorganisation infrage gestellt wurde.
Neu entstanden ist eine Matrix-Organisation mit drei Geschäftsbereichen, die durch drei Service-Bereiche unterstützt werden, wie Geschäftsführer Ralf Schekira erläutert. Bei den Geschäftsbereichen handelt es sich um das Bestandsmanagement, das Bauträgergeschäft und das kommunale Immobilienmanagement, während die Servicebereiche die Themen Architektur und Städtebau, Finanz- und Rechnungswesen sowie Personal und Zentrale Serviceleistungen abdecken.
Verbunden mit dieser Struktur ist das Erfordernis, in agilen, crossfunktionalen Teams zu arbeiten, erklärt Schekira und nennt als Beispiele dafür das Thema ESG und das Bauinvestitionscontrolling. "Bei diesem arbeiten technischer, kaufmännischer und Controlling-Sachverstand zusammen", erläutert der WBG-Geschäftsführer.
Umgestaltung der Büroflächen mit großer Testfläche
Gestartet wurde der Prozess 2013 mit einem Workshop auf Führungskräfteebene. Ziel sei es gewesen, die Leitplanken des Prozesses zu definieren und dafür ein Unternehmensleitbild zu formulieren, sagt Schekira. Bei der Ausgestaltung des Prozesses innerhalb dieser Leitplanken wurde aber auch die Belegschaft mit einbezogen. Ein Beispiel dafür ist das "Next-Generation-Programm", bei dem junge Kolleginnen und Kollegen ihre Ideen einbringen konnten. Zum Beispiel beim Umbau der Unternehmenszentrale.
Die Umgestaltung einer 250 Quadratmeter großen Testfläche im Jahr 2019 wurde als Projektarbeit von Nachwuchs-Führungskräften verantwortet. Ziel der teilweisen Umgestaltung sei es gewesen, "kreative Lösungen für eine attraktive und moderne Arbeitsumgebung zu evaluieren", erklärt Oliver Koepnick, der bei der WBG Nürnberg den Bereich Informationstechnologie und Kommunikationssysteme leitet.
Das Konzept namens "Neue Arbeitswelten" basiert auf einer Tätigkeitsanalyse und mehreren Interviews, aus denen fünf Profile abgeleitet wurden – vom konzentrierten Arbeiten, das ein ruhiges Umfeld benötigt, bis hin zu einem flexiblen Arbeitsumfeld für Beschäftigte, die häufig Außentermine wahrnehmen. Aufgrund der dabei gesammelten Erfahrungen wurden dann weitere 685 Quadratmeter Bürofläche modernisiert, die nun dem Zielbild eines modernen, aktivitätsbezogenen Arbeitsumfelds entsprechen. "Das ist ein Teil unseres Erfolgsrezepts", betont Koepnick. "Wir probieren immer zuerst aus, was passt, und gehen erst dann einen Schritt weiter."
Nichts geht ohne Digitalisierung
Noch etwas anderes steht für die Verantwortlichen fest: Voraussetzung für ein solches aktivitätsbezogenes Arbeitsumfeld ist ein hoher Digitalisierungsgrad. "Zu Beginn des Prozesses haben wir das ERP-System auf Wodis Sigma umgestellt und unsere Applikationslandschaft unter anderem um Systeme für die Unternehmenssteuerung, eine Bauträgersoftware, eine digitale Projektplattform für das Bauprozessmanagement sowie eine CAFM-Software erweitert", sagt Koepnick. Ziel sei es dabei immer, "digitale Technologien konsequent in unsere Prozesse und Dienstleistungen zu integrieren".
Die Bedeutung der Kommunikation
Ein solcher Prozess des Wandels stellt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft vor nicht unerhebliche Herausforderungen. Es habe bei den Mitarbeitenden einen großen Zuspruch zu den Veränderungen gegeben, berichtet Geschäftsführer Frank Thyroff. "Das bedeutet natürlich nicht, dass alle WBGler begeistert waren", räumt er ein. "Es gibt auch heute noch eine gewisse Skepsis und Zurückhaltung, sodass wir weiterhin in der Kommunikation bleiben müssen."
Apropos Kommunikation: Ein Teilprojekt mit dem Namen "Komm 2020" verfolgte das Ziel, die innerbetriebliche Kommunikation zu verbessern. Viele Kolleginnen und Kollegen hätten dieses Programm mitgestaltet, berichtet Ruth Haring, Bereichsleiterin Personal und Zentrale Serviceleistungen. "Da gab es viele Puzzleteile", blickt sie zurück. "Wir haben zum Beispiel Mitarbeitende in wertschätzender Kommunikation geschult und ein Führungskräftefeedback eingeführt, bei dem die Mitarbeiter ihrer Führungskraft ein Feedback geben."
Offensichtlich sind diese Maßnahmen gut angekommen. "Die WBG wird von Bewerbern als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen, und es gelingt uns, unsere Mitarbeitenden zu halten", sagt Haring. Belege dafür sind gute Bewertungen auf der Plattform Kununu, eine geringe Fluktuationsrate und nicht zuletzt der Umstand, dass es der WBG gelingt, begehrte Fachkräfte für sich zu begeistern. "Wir haben zum Beispiel Mitarbeiter von Banken für uns gewonnen, weil sie gemerkt haben, dass wir uns mit hochinteressanten Themen beschäftigen", verdeutlicht Geschäftsführer Frank Thyroff. Auch Architekten und Bauingenieure seien überrascht gewesen, "wie kreativ sie bei uns denken können".
Zur Zufriedenheit der Mitarbeiter trägt bei, dass die WBG unterschiedliche Arbeitszeitmodelle und flexible Arbeitszeiten anbietet. Schon vor der Coronapandemie ermöglichte sie das ortsflexible Arbeiten; mittlerweile hat sie auch eine Regelung zu Workation im europäischen Ausland eingeführt. "Die Präsenz im Unternehmen ist für die Kommunikation, den Austausch in den Teams und das Miteinander wichtig", betont Bereichsleiterin Haring allerdings. "Eine komplette Tätigkeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte ist daher ausgeschlossen."
Gut vorbereitet für die Zukunft
Welche Empfehlungen hat die WBG für Unternehmen, die einen ähnlichen Prozess erst noch in Angriff nehmen? "Unsere Erfahrung ist, dass die hierarchiefreie und fachübergreifende Beteiligung der Mitarbeitenden ein ganz wesentlicher Punkt in einem solchen Prozess der Veränderung ist", antwortet Geschäftsführer Ralf Schekira. "Außerdem ist die Kommunikation entscheidend: Alles, was man umsetzt, muss ausreichend kommuniziert werden, damit die Mitarbeitenden wissen, welche Zielstellungen damit verfolgt werden." Zum Erfolg beigetragen habe schließlich auch, dass der Betriebsrat in den gesamten Prozess eingebunden gewesen sei.
Auch in Zukunft wird es bei der WBG Nürnberg Veränderungen geben. "Wir haben immer gesagt: Wir wollen Erfahrungen sammeln und weiter im Prozess bleiben", betont Schekira. "Wir wollen flexibel sein, um auf neue Herausforderungen reagieren zu können." Und genau dafür ist das Unternehmen seiner Ansicht nach gut gerüstet: "In der gegenwärtigen Krise und für die Zukunft sehen wir uns aufgrund unseres kulturellen Wandels gut aufgestellt."
WBG Nürnberg GmbH Die WBG Nürnberg GmbH Immobilienunternehmen ist das kommunale Immobilienunternehmen der Stadt Nürnberg. Ihr Portfolio umfasst rund 18.800 Wohn- und 280 Gewerbeeinheiten. Mit dem Tochterunternehmen WBG Kommunal GmbH unterstützt sie die Stadt bei der Umsetzung kommunaler Bauprojekte wie Schulen, Kindertagesstätten und Sportstätten. Außerdem ist sie im Bauträgergeschäft aktiv. Geschäftsführer sind Ralf Schekira und Frank Thyroff. Das Unternehmen beschäftigt rund 400 Mitarbeiter. |
Der Beitrag stammt aus der Ausgabe 08/2024 der DW Die Wohnungswirtschaft.
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