Hamburg-Standard: Beim Wohnungsbau ein Drittel sparen

Eine Initiative aus Politik und Wirtschaft hat den Empfehlungskatalog "Hamburger Standard" vorgestellt. Erklärt wird, was den Bau verteuert und auf welche Vorgaben verzichtet werden kann – bis zu 2.000 Euro brutto pro Quadratmeter Wohnfläche sollen gespart werden können.

Dass der Bau von Wohnungen zunehmend teurer wird, dafür gibt es mehrere Gründe. Einer von ihnen: Überregulierung. Die Hamburger Initiative kostenreduziertes Bauen hat Kostengründe untersucht und ihre Empfehlungen am 12. Februar vorgestellt. "Hochwertiger Wohnungsbau ist auch für 3.000 Euro brutto auf den Quadratmeter Wohnfläche möglich", sagte Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD).

Die Empfehlungen nennen sich "Hamburger Standard". Die Initiative wurde im April 2024 gegründet. Ihr gehören Vertreter aus Politik, Verwaltung, Baubranche und der Wohnungswirtschaft an. Rund 100 Organisationen sind den Angaben nach beteiligt.

So lässt sich beim Bauen im Hamburg-Standard sparen

"Aus den entwickelten Maßnahmen lassen sich insgesamt bis zu 2.000 Euro brutto pro Quadratmeter Wohnfläche einsparen", heißt es in einer Mitteilung der Stadtentwicklungsbehörde. Allein durch die Anwendung der angepassten Standards im Bereich Baukonstruktion und Gebäudetechnik könnten die Baukosten um zirka 600 Euro brutto pro Quadratmeter reduziert werden – "ohne wesentliche Einbußen bei der Qualität".

Aus optimierten Prozessen und Verfahren – also aus dem Gewinn von Zeit sowie der Vermeidung von Planungswiederholungen – ließen sich der Behörde zufolge weitere rund 400 Euro brutto pro Quadratmeter streichen. Weiteres Einsparpotential in Höhe von bis zu 1.000 Euro brutto werde durch eine effizientere Planung, Vermeidung teurer Bauweisen und teurer technischer Anlagen sowie durch den Verzicht auf besonders aufwändige Bauteile wie Tiefgaragen erreicht.

Wohnungsbau: Die Branche leidet an Überregulierung

Der Wohnungsbau hat sich in den vergangenen Jahren in Hamburg zunehmend verteuert. Der Präsident der Hamburgischen Ingenieurkammer-Bau, Stefan Weihrauch, sagte, das gesamte Bauwesen leide seit Jahren unter einer zunehmenden Überregulierung. Normen würden immer komplizierter. Wissenschaftliche Erkenntnisse und etablierte Komfortstandards verfestigten sich im rechtlichen Kontext zu anerkannten Regeln der Technik und setzten sehr teure Mindeststandards. Diese "Spirale aufwärts" zeige sich im Wohnungsneubau besonders deutlich.

Nach Zahlen der Stadtentwicklungsbehörde kostete es 2016 im Median rund 2.700 Euro, einen Quadratmeter Wohnfläche in Hamburg fertigzustellen. Im zweiten Quartal 2024 betrugen die Kosten im Median bereits annähernd 4.600 Euro.

Hamburg-Standard: Empfehlungen im Überblick

Im "Hamburger Standard" sind drei Handlungsfelder aufgeführt. Eine Zusammenfassung im Überblick:

  • "Kostenreduzierende Baustandards" schaffen die technische Grundlage für bedarfsgerechte Anpassungen etablierter Standards in der Baukonstruktion und der Gebäudetechnik. Durch Vereinfachung und den Wegfall von Anforderungen sollen Erleichterungen geschaffen werden, deren Umsetzung technisch aufwändig ist und zu hohen Betriebskosten und mehr Flächenbedarf führt. Beispiele: Verzicht auf Trittschalldämmung auf vorgelagerten Balkonen oder eine Normtemperaturanpassung, um überdimensionierte Heizungen zu vermeiden. Für die konkrete Anwendung wurden Arbeitshilfen entwickelt, die sich an alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette richten. Eine praxisorientierte Handreichung hilft, die identifizierten Vereinfachungen gezielt zu verstehen und effektiv in Neubauprojekten umzusetzen. Einen rechtssicheren Rahmen und Transparenz für Nutzende schaffen Mustervertragsklauseln auf Grundlage geltenden Rechts.
  • "Optimierte Prozesse und Planung": Hier wurde ein Konzept entwickelt, das beispielsweise durch frühzeitige Projektpartnerschaften sowie die konsequente Vorbereitung der sogenannten Phase 0 in Bauprojekten Bauzeiten effektiv verkürzen, unnötige Planungsschleifen verhindern, die Zahl der Mängel und die Kosten aus Projektverzögerungen deutlich senken soll. Gleichzeitig soll die Qualität der Planung von Anfang an erhöht und die Anzahl der Mängel reduziert werden.
  • "Schnellere Verfahren": Der direkte und transparente Informationsfluss von der Projektentwicklung bis zur Baugenehmigung sowie eine übergreifende Koordination aller Beteiligten soll Zeit und Kosten sparen. Die Verfahrenskoordination ist zentral geplant, um eine ergebnisorientierte Abstimmung zwischen den Akteursgruppen – Immobilienbranche, Planer, Behörden – zu gewährleisten. Einheitliche Planungsstandards und digitales Werkzeug zur Darstellung der Kostenwirkung von planerischen Varianten sorgen für eine effiziente und kostenbewusste Abstimmung mit der Verwaltung, die dann verlässlichere Leitplanken für das Genehmigungsverfahren vorgibt. Die Etablierung einer "Projektuhr" soll dazu dienen, den Zeit- und Kostenstatus eines Projektes sichtbar und bewusst zu machen.

Zur Umsetzung der Standards werden Pilotprojekte in allen Hamburger Bezirken gesucht und von der Initiative begleitet. Das "Wilhelmsburger Rathausviertel" soll als Modellquartier dienen, um die Instrumente in der Praxis zu erproben.

Informationen zur Initiative kostenreduziertes Bauen und zum "Hamburger Standard"

Wohnungswirtschaft zufrieden, CDU übt Kritik

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) nannte den "Hamburger Standard" eine große Chance. Verbandsdirektor Andreas Breitner sagte: Sollte der Quadratmeter Wohnfläche für 3.000 Euro gebaut werden können, sei er optimistisch, dass die im Verband organisierten Vermieter wieder mehr Wohnungen schaffen. "Der Hamburg-Standard ist die Grundlage, die wir jetzt brauchen, um den Wohnungsbau endlich wieder in Gang zu bringen", ergänzte Kay Brahmst, Vorstandsvorsitzender des BFW Landesverbands Nord.

Ein zentraler Aspekt des Hamburger Standards ist nach Ansicht des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW, dass die Maßnahmen nicht nur auf Neubauten beschränkt bleiben, sondern auch bei Sanierungsprojekten Anwendung finden, wie es in einer Mitteilung heißt. "Die Initiative aus Hamburg zeigt, wie durch gezielte Maßnahmen die Baukosten signifikant gesenkt werden können, ohne dabei die Wohnqualität zu gefährden, so Hauptgeschäftsführerin Ingeborg Esser.

Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Anke Frieling, kritisierte Hamburgs Regierung aus SPD und Grünen: Sie schreite beim Wohnungsbau bestenfalls mit kleinen Schritten voran. Es passe ins Bild, dass die neue Bauordnung erst 2026 in Kraft treten solle. Der Senat hatte der Novelle im Oktober 2024zugestimmt. Die Neufassung sieht unter anderem schnellere Genehmigungen vor.


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Schlagworte zum Thema:  Wohnungsbau, Wohnungspolitik