Ifo-Umfrage: Krise im Wohnungsbau wird zum Normalzustand

Noch nie haben so viele Unternehmen im Wohnungsbau über fehlende Aufträge geklagt, wie eine Umfrage des Ifo-Instituts zeigt. Das Geschäftsklima sackt weiter ab. Die Erwartungen haben sich deutlich verschlechtert.

57 Prozent der Unternehmen meldeten in der monatlichen Konjunkturerhebung des Ifo-Instituts im Januar 2025 einen Mangel an Aufträgen, nach 53,6 Prozent im Dezember 2024. Das ist der höchste jemals gemessene Wert.

"Die Krise im Wohnungsbau scheint inzwischen zum Normalzustand geworden zu sein", sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Umfragen. "Auch die Zinssenkungen der EZB führten bisher zu keiner Entspannung der Situation."

Wohnungsbau: Erwartungen wieder pessimistischer

Die Talfahrt der Wohnungsbaubranche hatte im Frühjahr 2022 begonnen, vor einem knappen Jahr den Tiefpunkt erreicht und sich seither trotz leichter Auf und Abs nicht mehr wesentlich verbessert. Der Ifo-Indikator für das Geschäftsklima im Wohnungsbau lag im Januar im tiefroten Bereich bei minus 43,2 Punkten, wieder etwas schlechter als im Vormonat (minus 41,8).

Zwar beurteilten die Unternehmen ihre aktuelle Lage im Saldo wieder etwas weniger negativ als im Dezember 2024, doch das Geschäftsklima im Wohnungsbau sackte erneut ab, was das Ifo-Institut auf deutlich schlechtere Erwartungen zurückführt. "Die pessimistischen Aussichten zeigen, dass die Unternehmen gegenwärtig nicht an eine baldige Besserung glauben", ergänzt Wohlrabe. Die aktuelle Lage wurde auf sehr niedrigem Niveau etwas positiver beurteilt. Der Anteil der Auftragsstornierungen ist minimal auf 9,7 Prozent gesunken.

Bedarf an neuen Wohnungen unverändert hoch

Zu der in vielen Wohnungsbauunternehmen vorherrschenden Depression trägt maßgeblich bei, dass die mittlerweile schon chronisch schlechte Lage nicht auf mangelnden Bedarf an neuen Wohnungen zurückzuführen ist, sondern auf die Rahmenbedingungen und hohen Baukosten.

"Es ist eine ziemliche Herausforderung, optimistisch zu bleiben", so Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie. "Wir haben nicht überall in Deutschland Wohnungsnot, wir haben Wohnungsnot in den großen Städten." Die Diskrepanz zwischen einer sehr starken Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum und dem geringen Angebot berge sozialen Sprengstoff.

Nie erreichtes Ziel der gescheiterten Ampel-Koalition waren 400.000 neue Wohnungen jährlich. 2023 etwa wurden aber nur knapp 300.000 neue Wohnungen gebaut. Einer Prognose des Ifo-Instituts und des europäischen Bauforschungsnetzwerks Euroconstruct zufolge könnte diese Zahl bis zum Jahr 2026 auf weniger als 200.000 neu fertiggestellte Wohnungen abstürzen.


Das könnte Sie auch interessieren:

Aktuell gibt es 550.000 Wohnungen zu wenig

Baugenehmigungen für neue Wohnungen im Keller

dpa

Schlagworte zum Thema:  Wohnungsbau, Bauwirtschaft, Krieg in der Ukraine