Fehlen eine Million Sozialwohnungen? Und wer ist schuld?
Ein Bündnis aus Mieterbund, Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchenverbänden fordert mehr Wohnungen für Menschen mit kleinem Einkommen: Es müssten mehr als 910.000 Sozialwohnungen gebaut werden, sagten Vertreter am 15. Januar in Berlin. Sie berufen sich bei den Zahlen auf eine Studie des Pestel-Instituts.
Demnach gab es Ende 2022 in Deutschland rund eine Million Sozialwohnungen. Das Bündnis "Soziales Wohnen" geht davon aus, dass bundesweit eine Aufstockung auf einen Bestand von zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030 nötig sein wird, um in etwa den Stand aus dem Jahr 2007 zu erreichen. Besonders viele Sozialwohnungen fehlen laut Studie – in absoluten Zahlen – in Baden-Württemberg mit einer Lücke von mehr als 206.000 Wohnungen, vor Bayern (rund 195.000), Berlin (rund 131.000) und Niedersachsen (rund 109.000).
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) räumte in der ARD ein, dass Sozialwohnungen "zuhauf" fehlen, sie kritisierte aber auch die Pestel-Studie als "hochgradig unseriös". Das seien Zahlen, die die Kollegen sich ausgedacht haben.
Wohnungsbau: Bündnis fordert Sonderfonds und Steuererleichterung
Das Bündnis fordert, Bund und Länder sollten "umgehend" ein Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro für die Förderung von sozialem Wohnraum bereitstellen. Nur so könne es gelingen, dem Ziel der Ampel-Regierung von 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr ein Stück näher zu kommen – bislang seien im Durchschnitt seit 2017 etwa 24.000 neue Sozialwohnungen jährlich entstanden. Zudem sprach sich das Bündnis für Steuerminderungen aus: Für den Neubau von Sozialwohnungen sollten künftig sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig werden.
SPD, Grüne und FDP hatten wegen des enormen Bedarfs vor allem in den Städten in m Koalitionsvertrag den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen angepeilt – davon 100.000 Sozialwohnungen. Das Ziel wurde seitdem weit verfehlen. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger, Partner im Bündnis "Sozialer Wohnungsbau" wirft dem Staat ein "Missmanagement" vor.
Gewinner seien die Vermieter, die immer höhere Mieten auf dem Markt durchsetzen könnten. Laut Studie ist der Staat vor allem in Regionen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg gezwungen, eine Miete zu zahlen, die deutlich über den ortsüblichen Vergleichsmieten liegt. Hintergrund: Bei Bürgergeld-Empfängern übernimmt der Bund in der Regel die Kosten der Unterkunft. Und wer ein kleines Einkommen hat, kann einen Zuschuss beantragen für die Wohnung – das Wohngeld.
Im Bündnis "Soziales Wohnen" haben sich der Deutsche Mieterbund (DMB), die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) organisiert. Partner sind außerdem die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB).
Pestel-Studie "Bauen und Wohnen 2024 in Deutschland"
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