Wenn die Steuerungsinhalte, die Metriken und Messmethoden sowie die Berichtsinhalte definiert sind, geht es darum, die integrative Unternehmenssteuerung im Alltag der Menschen und ihrer Organisation zu verankern. Dass dazu "Empowerment" der Menschen für eigene unternehmerische Entscheidungen ebenso gehört wie eine ausreichende Transparenz der erforderlichen Entscheidungsgrundlagen gehört heute zu den Binsenweisheiten mit einer hohen Zustimmungsrate. Die Umsetzung dieser Erkenntnisse in die praktische Realität der Unternehmenssteuerung sind eher die primären Herausforderungen.
4.2.1 Road to excellence: Reifegradstufen
Die Umsetzung der Unternehmenssteuerung in modernen Organisationen ist nicht in einem Schritt möglich. Die verschiedenen Schritte, die dazu erforderlich sind, führen zu unterschiedlichen Reifegraden auf dem Weg zur vollständigen integrativen Steuerung und einem "Integrated Thinking" unter Berücksichtigung aller Anforderungen des <IR>-Frameworks.
Ein vom ICV-Fachkreis Controlling & Qualität (Frank Ahlrichs) entwickeltes Reifegradmodell mit 5 Stufen auf dem Weg zur integrativen Unternehmenssteuerung kann auch wie in Abb. 24 gezeigt aufgebaut sein.
Abb. 24: Reifegradmodell zur integrativen Unternehmenssteuerung
Zu jeder Reifegradstufe gehört eine Checkliste mit klaren ja/nein-Fragen. Diese sollte unternehmensspezifisch gestaltet sein. Eine Selbstbewertung führt dann zur jeweiligen Einstufung.
Zu dieser Art der Selbstbewertung passt auch das RADAR-Modell der EFQM. Anhand der Beurteilungskriterien des EFQM-Modells erfolgt in der RADAR-Logik eine Selbstbewertung, die den Reifegrad auf dem Weg zum exzellenten Unternehmen aufzeigt. Dahinter steht eine Reihe von Fragen, die eine Einstufung in einen Reifegrad ermöglicht.
Das schrittweise Vorgehen führt zu einem Führungsdilemma, für das es keine "generischen Lösungen" gibt: Alte und neue Steuerungsphilosophie werden eine gewisse Zeit nebeneinander existieren. Zugleich muss mit dem alten System das Geld verdient werden, um das neue System zum Laufen zu bringen. Insofern unterscheidet sich der "Road to Excellence" in der Unternehmenssteuerung nicht von anderen größeren Investitionen, die zunächst Aufwand und Einarbeitung erfordern, ehe sie Früchte tragen. Und wie bei allen großen Investitionen benötigen die Beteiligten – insbesondere die Führungskräfte – Mut, Durchsetzungskraft und Vertrauen in die Wirksamkeit der neuen Lösung. Das gilt auch für Controller und Qualitätsmanager. Sie müssen die Veränderungen wollen und bereit sein, die damit verbundenen zusätzlichen Aufwendungen nicht nur mitzutragen, sondern als wesentliche Akteure der Unternehmenssteuerung immer wieder die Initiativen für den nächsten Schritt zu setzen.
4.2.2 Steuern in flexiblen Organisationen
Bereits an mehreren Stellen wurde die zunehmende Komplexität der Informationsströme für Entscheidungssituationen im Unternehmen beschrieben. Und dass wir der Komplexität entweder durch automatisierte Entscheidungshilfen oder durch eine adäquate Reduzierung der Komplexität begegnen können.
Eine Methode, diese Komplexität zu reduzieren, ist eine geeignete Organisationsform, z. B. durch teambezogene Selbststeuerung bei gleichzeitiger Gewährleistung einer ausreichenden Verbundenheit zur Erzeugung von Werten für die Kunden. Dies erhöht die Agilität der Organisation. In der Folge wird die Komplexität der Informationsströme reduziert und Situationen werden wieder beherrschbar.
Dabei kann der Begriff des "Teams" schnell missverstanden werden. An sich selbst organisierende Team werden in der Praxis bestimmte Anforderungen gestellt. Es geht dabei nicht um "historisch gewachsene" Gruppen, von anderen abgetrennte Ab-Teilungen oder siloartig eigenständige Bereiche. Es geht hier um interdisziplinär zusammenarbeitende Menschen, die klar definierte Kundenaufträge über den gesamten Wertstrom gemeinsam bearbeiten. Die Aufträge werden dabei in Aufgaben strukturiert, die einerseits durch "User Stories" beschrieben werden und andererseits in kurzer Zeit (idealerweise nicht mehr als 4 Wochen) bearbeitet werden können. Solche Aufgaben werden von kleinen Teams (idealerweise nicht größer als 10 Mitglieder) bearbeitet, wobei unterschiedliche Teams im Rahmen der Wertströme verschiedene koordinierende oder umsetzende Rollen übernehmen. Die Teams selber werden ihrerseits von Menschen geführt, die – wie in den eingangs erwähnten Hochleistungsteams – bestimmte Rollen übernehmen und entsprechend situationsbedingt wechselnde Führungsverantwortung übernehmen.
Solche Teams "finden" sich, wenn ein einfacher Grundsatz Realität wird: "Geben Sie den Mitarbeitern ihre Freiheit und Sie werden ein Wunder erleben". Dazu gehören die gelebten Prinzipien Sinn, Transparenz und Mitsprache. Und die Mitsprache muss wesentliche Fragen einschließen, z. B.:
- wer zum Team hinzukommen und wer es wieder verlassen darf,
- wie die Leistung eines Team-Mitglieds zu bewerten ist,
- wie die Entlohnung und Erfolgsbeteiligung der Teammitglieder gestalte...