Die ersten Zusammenhänge eines prozessorientierten Controllings (nachfolgend: Prozess-Controlling) und eines Funktionscontrollings wurden am Beispiel kostenbezogener Zusammenhänge nun skizzenhaft aufgezeigt. Diese werden nun am Beispiel des Vertriebs weiter präzisiert.

Der Vertriebsbereich erbringt im vorherigen Beispiel Leistungen in den folgenden drei Hauptprozessen:

  • Auftrag akquirieren
  • Marktdaten ermitteln
  • Bestellung bearbeiten

Am Beispiel des Vertriebs soll nun aufgezeigt werden, wie ein integratives Funktions- und Prozesscontrolling tatsächlich ineinandergreift. So kann der Prozess "Auftrag akquirieren" nur aufgrund der eingebrachten Ressourcen zur Prozessdurchführung aus den hier fiktiv gewählten Funktionsbereichen

  • Marketing/Vertrieb,
  • Logistik/Einkauf und
  • Controlling

"bedient" werden.

Durch eine solche Verzahnung wirken sich z. B. Kostenmanagementmaßnahmen auf der einen Ebene (z. B. Funktionsebene) direkt auf die Kosten der anderen Betrachtungs- bzw. Organisationsebene aus (z. B. Prozessebene).

4.1 Beispielhafte Zusammenhänge von funktions- und prozessbezogenen Effizienz-und Effektivitätsmaßnahmen

Am Beispiel von möglichen Aktivitäten eines Vertriebscontrollings (s. Abb. 2) lässt sich das verzahnte und integrative Controlling zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung aufzeigen:

  • Effizienz- und Effektivitätsmaßnahme – Funktionssicht (s. Abb. 2 links): Eine vom Controlling und dem Management gepushte Effektivitätssteigerung der Neukundenakquise (mehr A-Kunden), z. B. mit dem Ziel höherer Deckungsbeiträge und Lifetime-Customer-Values erhöht nicht nur die Effektivität des einzelnen Mitarbeiters. Sie erhöht durch die damit verbundenen Effizienzsteigerungseffekte auch die Effizienz der Prozesse in der Auftragsakquisition, die möglicherweise im Schnitt bessere Deckungsbeiträge pro Prozessdurchführung zur Folge haben.
  • Effizienz- und Effektivitätsmaßnahme – Prozesssicht (s. Abb. 2 rechts): Andererseits wirkt eine Reduzierung der Durchlaufzeit des Prozesses "Auftrag akquirieren" auf die Schnelligkeit der Prozessdurchführung und erhöht gleichzeitig auch die Kundenzufriedenheit durch eine schnellere Erstellung eines Angebots. Ggf. können mit konstanten Ressourcen mehr Angebote erstellt werden, was wiederum die Ressourceneffizienz im Funktionsbereich erhöht.

    Abb. 2: Effizienzsteigerung im Vertrieb anhand Prozess- und Ressourcenindikatoren

4.2 Überlegungen für ein integratives Vertriebscontrolling

Betrachtet man das Vertriebscontrolling etwas allgemeiner, lässt sich analog zum bereits vorab und in Abb. 2 aufgegriffenen Sachverhalt diese Verquickung noch umfassender verdeutlichen:

Ein Vertriebscontrolling hat zwei Aktionsanker für Controllingaktivitäten:[1]

  • die Vertriebsprozesseffizienz und -effektivität und
  • die Vertriebsmitarbeitereffizienz und -effektivität.

Bei der Vertriebsprozesseffizienz[2] kann es sich dabei um die Effizienz der verschiedenen kostenstelleninternen oder -übergreifenden Prozessschritte sowie deren Verknüpfung handeln.

Eine Ist-Analyse der Prozessperformance sollte sich demzufolge z. B. mit

  • Prozessdurchlaufzeiten,
  • Prozesskosten,
  • Prozessqualität,
  • Wartezeiten,
  • prozessinternen und prozessübergreifenden Koordinierungsproblemen,
  • prozessinternen und prozessübergreifenden Doppelarbeiten,
  • wertvernichtenden Aktivitäten,
  • wirkungslosen bzw. wertschöpfungsneutralen Aktivitäten oder
  • Fehlerbearbeitungen

beschäftigen.

Planvorgaben lassen sich aus einem Target Costing (wie vorab am Beispiel der Kosten skizziert), Kundenbefragungen oder einem mehrdimensionalen Prozessbenchmarking ableiten.

Bei der Vertriebsmitarbeitereffizienz[3] könnte zunächst eine Analyse nach dem Tätigkeitsfeld der einzelnen Mitarbeiter erfolgen.

Dies könnten

  • Außendienstmitarbeiter,
  • Callcenter-Mitarbeiter Vertriebsinnendienst,
  • Servicemitarbeiter,
  • Mitarbeiter des Reklamationsbereichs sein.

Eine Ist-Analyse der Funktionsperformance sollte sich demzufolge z. B. auf

  • Kosten der Mitarbeiter je Mitarbeiterkategorie,
  • Mengen- und wertmäßige Verkäufe je Mitarbeiter,
  • Zahl der Kunden insgesamt und je Mitarbeiter,
  • Akquisition neuer Kunden insgesamt und je Mitarbeiter,
  • Kundengüte,
  • Kundenzufriedenheit mit der Sales Unit

fokussieren.

Die Verknüpfungen sollen anhand dreier Controlling-Aktivitäten aufgezeigt werden:

  • Wenn die Kosten der Mitarbeiter im Callcenter z. B. durch "Offshoring" reduziert werden, wirkt sich dies direkt auf die Prozesskosten der "Auftragsbearbeitung" oder der "Auftragsakquise" aus.
  • Wird die Prozessqualität verbessert, entstehen weniger Reklamationen und die Anzahl der Mitarbeiter im Reklamationsbereich kann ggfs. reduziert werden.
  • Wird die Prozessdurchlaufzeit hinsichtlich des Prozesses "Auftragsbearbeitung" durch eine neue Software-Eingabemaske reduziert, können Mitarbeiter im Außen- und Innendienst effizienter arbeiten und mehr Aufträge je Tag bearbeiten.

Das Beispiel "Vertriebscontrolling" zeigt, dass Funktions- und Prozesscontrolling aufgrund der vielfältigen Interdependenzen, die zuvor bereits aufgezeigt wurden, Hand-in-Hand gehen müssen.

Eine Optimierung in eine Richtung, ohne die andere Richtung im Blick zu haben, kann zu erheblichen Problemen führen. Der Controller sollte deshalb die Zusammenhänge stets ...

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