Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Um die Doppelbesteuerung der ausländischen Betriebsstättengewinne zu vermeiden, erfolgt die Besteuerung im Regelfall nur im Betriebsstättenstaat. In Deutschland sind die Betriebsstättengewinne steuerfrei (Freistellungsmethode, Art. 23A OECD-MA). Der Progressionsvorbehalt spielt bei inländischen Kapitalgesellschaften auf Grund des einheitlichen Körperschaftsteuersatzes keine Rolle. Die Höhe der Steuerbelastung richtet sich somit ausschließlich nach ausländischem Steuerrecht. Die ausländischen Betriebsstättengewinne unterliegen nicht der deutschen Gewerbesteuer (§ 9 Nr. 3 GewStG).
Abweichend von Art. 23A OECD-MA machen einige Länderabkommen die Freistellung der Betriebsstättengewinne von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig. Die Aktivitätsklausel beschränkt die Steuerbefreiung auf Betriebsstättengewinne aus aktiver Tätigkeit. Dazu gehören z. B. die Herstellung und der Verkauf von Gütern und Waren, die technische Beratung sowie technische oder kaufmännische Dienstleistungen und Bank- oder Versicherungsgeschäfte. Passive Tätigkeiten sind z. B. die Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern, die Land- und Forstwirtschaft und die Überlassung von Rechten und Know-how.
Wenn die Einnahmen aus passiven Tätigkeiten mehr als 10 % der Bruttoerträge ausmachen, ist die Aktivitätsklausel nicht erfüllt. Aktivitätsklauseln sind z. B. enthalten in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1a DBA-Schweiz, Art. 23 Abs. 1 Buchst. c Vereinigtes Königreich, Art. 24 Abs. 1 Buchst. c DBA-Polen, Notenwechsel zu Art. 23 DBA-Spanien, Protokoll Ziff. 8 zu Art. 24 DBA-Portugal. Es gibt keine einheitliche Abgrenzung von aktiven und passiven Tätigkeiten, so dass stets die individuelle abkommensrechtliche Regelung zu beachten ist. Die Aktivitätsklausel ergibt sich entweder aus den Methodenartikeln, den Abkommensprotokollen oder Notenwechseln.
Bei Nichterfüllung der Aktivitätsklausel wendet Deutschland anstelle der Freistellungsmethode die Anrechnungsmethode an (Art. 23B OECD-MA). Dann werden die ausländischen Betriebsstättengewinne in Deutschland steuerpflichtig, wobei die ausländische Körperschaftsteuer auf die deutsche Steuer angerechnet wird (§ 26 Abs. 6 KStG i. V. m. § 34c Abs. 1 EStG). Alternativ besteht die Möglichkeit zum Steuerabzug (§ 26 Abs. 6 KStG i. V. m. § 34c Abs. 2 u. 3 EStG). Bei der Anrechnungs- und Abzugsmethode richtet sich die Steuerbelastung nach deutschem Steuerrecht.
Ähnlich wie die Aktivitätsklausel sehen auch die in einigen Länderabkommen enthaltenen Rückfallklauseln (subject-to-tax-Klauseln) und ähnliche Regelungen (z. B. switch-over-Klauseln, remittance-base-Prinzip) die Anwendung der Anrechnungsmethode anstelle der Freistellungsmethode vor. Diese Klauseln geben das Besteuerungsrecht für solche Einkünfte, für die der Quellenstaat ein Besteuerungsrecht hat, dieses jedoch tatsächlich nicht ausübt, an den Sitzstaat, um eine doppelte Nichtbesteuerung (weiße Einkünfte) zu verhindern. Sie finden sich z. B. in Art. 7 Abs. 2 und Art. 10 Abs. 3 Satz 2 DBA-Luxemburg sowie in Art. 28 DBA-Österreich.