Art. 18 OECD-MA regelt nur das Besteuerungsrecht für die privaten Ruhegehälter für eine frühere unselbstständige Arbeit i. S. des Art. 15 OECD-MA sowie über die Rückverweisung in Art. 19 Abs. 3 OECD-MA für Ruhegehälter, die aus einem Betrieb gewerblicher Art stammen.
Nachzahlungen für Tätigkeiten, die, bezogen auf die Aktivzeit, nicht unter Art. 15 oder 19 Abs. 3 OECD-MA fallen, sind hingegen nach den sonstigen Zuweisungsnormen oder nach der Auffangnorm des Art. 21 OECD-MA zu beurteilen.
Abgrenzungsprobleme können sich insbesondere zu Art. 15 OECD-MA ergeben, wenn zu entscheiden ist, ob nachträgliche Zahlungen für ein früheres Arbeitsverhältnis noch zum Arbeitslohn i. S. des Art. 15 OECD-MA gehören, oder ob es sich um Ruhegehälter i. S. des Art. 18 OECD-MA handelt. Im Zweifel ist für die Auslegung entsprechend Art. 3 Abs. 2 OECD-MA das innerstaatliche Recht des Anwenderstaates heranzuziehen. Für in Deutschland ansässige Personen kann damit auf die Abgrenzungskriterien zu § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG "für eine Beschäftigung gewährte Bezüge" bzw. zu § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG "andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen" zurückgegriffen werden. Allerdings sind hierbei die in § 19 Abs. 2 Ziffer 2 EStG aufgelisteten Altersgrenzen unbeachtlich. Maßgebend für das Vorliegen von Ruhegehaltszahlungen ist hiernach vor allem der Versorgungscharakter der gewährten Vergütungen.
Ruhegehälter i. S. des Art. 18 DBA liegen daher vor, wenn die Bezüge nach dem Eintritt in den Ruhestand gezahlt werden und zumindest teilweise der Versorgung des Empfängers dienen.
Abfindungen als Entschädigung für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind hingegen kein Ruhegehalt.
Klärung in Verständigungsverfahren
In Tz. 3 des OECD-MA wird allerdings darauf verwiesen, dass die Handhabung in den Mitgliedstaaten der OECD sehr unterschiedlich ist und eine Klärung einem Verständigungsverfahren vorbehalten werden sollte. Abfindungen zur Ablösung einer laufenden Pension sind hingegen wieder als Ruhegehalt zu behandeln, während Abfindungen zur Ablösung eines Pensionsanspruchs Arbeitslohn darstellen, da es sich insoweit um einen Vorgang im Rahmen des laufenden Arbeitsverhältnisses handelt.
Im Einzelnen sind folgende Abgrenzungen vorzunehmen:
Allgemeine Abgrenzung zum Arbeitslohn
Nach der Rechtsprechung des BFH zu Abfindungen, die anlässlich der Auflösung eines Dienstverhältnisses gezahlt werden, hat für diese Abfindungen – soweit es sich nicht um Versorgungsbezüge handelt – der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht, da diese Vergütung kein zusätzliches Entgelt für die frühere Tätigkeit darstellt und nicht für eine konkrete im In- oder Ausland ausgeübte Tätigkeit gezahlt wird. Auch Karenzentschädigungen sind zwar Ausfluss der vorangegangenen Tätigkeit, werden aber nicht zusätzlich für die frühere Tätigkeit, sondern für das zukünftige Unterlassen gezahlt. Sie können daher wie Abfindungen anlässlich der Auflösung eines Dienstverhältnisses keiner konkreten im In- oder Ausland ausgeübten Tätigkeit zugeordnet werden. Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA hat daher der aktuelle Ansässigkeitsstaat für Karenzentschädigungen das Besteuerungsrecht.
Sonderfälle (Verständigungsvereinbarungen) Schweiz, Belgien und Niederlande
Das BMF hat für die Schweiz von diesen Grundsätzen abweichende Verständigungsvereinbarungen zu Abfindungen an Arbeitnehmer veröffentlicht. Sofern Abfindungen keinen Versorgungscharakter haben, sind sie, wenn es sich dabei um Lohn- oder Gehaltsnachzahlungen oder Tantiemen aus dem früheren Arbeitsverhältnis handelt oder die Abfindung allgemein für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gezahlt wird, zeitanteilig entsprechend der Besteuerungszuordnungen auf den Ansässigkeitsstaat und den Tätigkeitsstaat aufzuteilen. Sofern der Arbeitnehmer Grenzgänger war, ist dabei auch eine Aufteilung zwischen der Grenzgänger- und Nichtgrenzgängerzeit vorzunehmen.
U. a. mit Belgien und den Niederlanden wurden Verständigungsvereinbarungen abgeschlossen. Hierbei wird auf den wirtschaftlichen Hintergrund der Zahlungen abgestellt. Regelmäßig liegt bei einer Abfindung, die Versorgungscharakter hat, eine Zahlung vor, die nur im Wohnsitzstaat zu besteuern ist. Hingegen hat der frühere Tätigkeitsstaat ein Besteuerungsrecht, wenn die Abfindung hauptsächlich für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Dienst gewährt wird. Der BFH hat allerdings in 2 Urteilen vom 2.9.2009 entschieden, dass diese Verständigungsvereinbarungen zwar völkerrechtlich die Verwaltungen binden, nicht jedoch die Gerichte. Das Besteuerungsrecht liegt hiernach für Abfindungen beim aktuellen Wohnsitzstaat zum Zeitpunkt der Auszahlung.
Die steuerliche Behandlung von Abfindungszahlungen kann allerdings von den dargestellten Grundsätzen abweichen, wenn in einem DBA hierzu eine Sonderregelung enthalten ist oder mit dem jeweils betroffenen Vertragsstaat eine Konsultationsvereinbarung bezüglich der Besteuerung von Abfindungen vereinbart wurde, die innerstaatlich bindet...