Prof. Dr. Gerrit Brösel, Prof. Dr. Christoph Freichel
Rz. 33
Für die abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die einer selbstständigen Nutzung fähig sind, bestehen mehrere Wahlrechte. Bezüglich entspr. Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- und Herstellungskosten 250 EUR – (netto) unabhängig davon, ob der Vorsteuerbetrag umsatzsteuerlich abziehbar ist – nicht übersteigen, kodifiziert § 6 Abs. 2 und 2a EStG ein wirtschaftsgutbezogenes Wahlrecht, diese sofort (also zum Zugangszeitpunkt) in voller Höhe als Betriebsausgaben zu verbuchen. Mit Ausnahme der buchmäßigen Erfassung der Wirtschaftsgüter bestehen keine weiteren Aufzeichnungspflichten – eine Aufnahme im Inventar ist bei Ausübung dieses Wahlrechts steuerlich somit nicht erforderlich.
Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter nicht mehr als 800 EUR – (netto) unabhängig davon, ob der Vorsteuerbetrag umsatzsteuerlich abziehbar ist –, können sie im Jahr der Anschaffung oder Herstellung gem. § 6 Abs. 2 EStG in voller Höhe abgesetzt werden. Diese Wirtschaftsgüter sind in einem besonderen, laufend zu führenden (Bestands-)Verzeichnis mit dem Tag des Zugangs sowie den Anschaffungs- und Herstellungskosten aufzunehmen, soweit diese Angaben nicht bereits aus der Buchführung, z. B. aus einem besonderen Konto für diese sog. geringwertigen Wirtschaftsgüter, hervorgehen.
Ein weiteres Wahlrecht besteht im Hinblick auf die sog. Poolabschreibung i. S. e. wirtschaftsjahrbezogenen Wahlrechts. Bei Ausübung dieses Wahlrechts sind alle in einem Jahr erworbenen oder selbst erstellten Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten – (netto) unabhängig davon, ob der Vorsteuerbetrag umsatzsteuerlich abziehbar ist – über 250 EUR, aber nicht mehr als 1.000 EUR betragen, steuerrechtlich im jeweiligen Zugangsjahr in einem Sammelposten ("Pool") zusammenzufassen, der in jedem Jahr um 1/5 des ursprünglichen Gesamtbetrags als Betriebsausgabe zu reduzieren ist.
Rz. 34
Entscheidend für die Einstufung von EDV-Komponenten als geringwertige Wirtschaftsgüter ist deren selbstständige Nutzungsfähigkeit. Diese wird verneint für
- Rechner, Monitor, Maus und Drucker,
- die Verkabelung eines Netzwerks in Form von Kabeln, Kabelschächten und Steckdosen sowie
- Grafikkarten, Scanner, externe Laufwerke und Faxmodems.
Etwas anderes gilt jedoch für sog. Multifunktionsgeräte, die zugleich als Drucker, Scanner, Kopiergerät und Telefax nutzbar sind. Diese können ohne Weiteres aus der Verbindung mit einem Personalcomputer gelöst und isoliert in einzelnen Funktionen eingesetzt werden, sodass sie die Voraussetzung der selbstständigen Nutzbarkeit erfüllen und bei entsprechenden Anschaffungskosten geringwertige Wirtschaftsgüter darstellen. Ebenfalls als geringwertige Wirtschaftsgüter angesehen werden
- Computertische,
- mehrfach benutzbare Daten-, Bild- oder Tonträger (z. B. Tablet, Smartphones, E-Bookreader) sowie ähnliche wiederbeschreibbare Datenträger (Flashspeicher) und
- Grafikplotter und USV-Geräte, die dem Spannungsschutz dienen.
Rz. 35
Zu beachten ist, dass die in Rz. 33 benannten Regelungen lediglich für das Steuerrecht gelten. Im Sinne der Wirtschaftlichkeit der Buchführung sollten nach HGB für die sofortige Aufwandserfassung (ohne Berührung des Anlagespiegels) bzw. für die Sofortabschreibung (mit Berührung des Anlagespiegels) geringwertiger Vermögensgegenstände vielmehr zweckmäßige unternehmensindividuelle Wesentlichkeitsgrenzen gefunden werden, die zum einen eine relative Größe, z. B. als Prozentsatz an der Bilanzsumme, darstellen und zum anderen im ggf. zu publizierenden Anhang dargelegt werden. Eine pauschale, z. B. steuerrechtlich motivierte, Festlegung der Grenzwerte, z. B. auf 250 EUR, 800 EUR oder 1.000 EUR, ist jedoch willkürlich und sollte unterlassen werden. Auch sollte es dabei keine Rolle spielen, ob die in Rede stehenden Vermögensgegenstände selbstständig nutzbar und/oder beweglich sind. Insofern können alle unter Rz. 34 benannten Komponenten im Hinblick auf die jeweilige unternehmensspezifische Wesentlichkeitsgrenze berücksichtigt werden. Bei allen Unternehmen ist jedoch zu eruieren, ob im Berichtsjahr bezüglich der betroffenen Vermögensgegenstände insgesamt ein wesentlicher Gesamtbetrag vorliegt.
Rz. 36
In der Praxis konkurriert im Bereich der IT-Bilanzierung die Anwendung der GWG-Regelungen mit der in Rz. 23 f. beschriebenen Möglichkeit der Wahl einer 1-Jährigen Nutzungsdauer und der vollen Abschreibung im Jahr der Anschaffung.