Leitsatz
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Auslegung der 6. EG-RL vorgelegt:
1. Dürfen oder müssen die Mitgliedstaaten, die die in Art. 25 der 6. EG-RL vorgesehene gemeinsame Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger in ihr innerstaatliches Recht übernommen haben, die Pauschallandwirte im Ergebnis von der Zahlung von Umsatzsteuer freistellen?
2. Falls Frage 1 bejaht wird: Gilt dies nur für die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und für landwirtschaftliche Dienstleistungen oder auch für sonstige Umsätze des Pauschallandwirts oder unterliegen die sonstigen Umsätze der allgemeinen Regelung der 6. EG-RL?
Was folgt daraus für die Verpachtung einer Jagd durch einen Pauschallandwirt?
Normenkette
§ 2 Abs. 3 UStG , § 24 UStG , Art. 4 und 25 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Eine Gemeinde hatte u.a. Einnahmen aus der Jagdverpachtung. Sie meinte, diese unterlägen der Pauschalregelung des § 24 UStG. Das FA war der Auffassung, diese Jagdverpachtungen seien nicht zu den land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen i.S.d. § 24 UStG zu rechnen, sondern nach den allgemeinen Vorschriften mit dem Regelsteuersatz zu versteuern.
Das FG (EFG 2003, 1127) gab der Klage statt, weil die Jagdverpachtung nicht den Betrieb einer bloßen Vermögensverwaltung übersteige.
Entscheidung
Dass eine Gemeinde Verpächterin war, hielt der BFH für unerheblich; Tätigkeiten, die öffentlich-rechtliche Einrichtungen unter den gleichen rechtlichen Bedingungen ausüben wie private Wirtschaftsteilnehmer – wie hier die entgeltliche Jagdverpachtung –, gehören nicht zu den Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt; § 2 Abs. 3 UStG hinderte deshalb die Besteuerung der Jagdverpachtung nicht.
Zweifelhaft war aber die gemeinschaftsrechtliche Abgleichung der im Leitsatz genannten Fragen. Der BFH setzte das Verfahren aus und legte sie dem EuGH vor.
Hinweis
§ 24 UStG ist in erster Linie mit Art. 25 der 6. EG-RL abzustimmen. Das bedingt – wie schon das Hofladen-Urteil des BFH vom 16.12.2001, V R 43/00, BFH-PR 2002, 226 zeigt –, dass manches aus dem ertragsteuerrechtlichen Landwirtschafts-Biotop im Rahmen des § 24 UStG auf den Prüfstand muss.
Die Jagdverpachtung berührt zwei grundsätzliche Fragen: Da das Jagdrecht dem Grundstückseigentümer unabhängig von der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung seines Grundbesitzes zusteht, hatte der BFH mit Urteil vom 11.2.1999, V R 27/97 (BStBl II 1999, 378) entschieden, dass § 24 UStG auf die Jagdverpachtung keine Anwendung findet. Zur Reichweite des umsatzsteuerrechtlichen Paradiesgartens der 6. EG-RL (Art. 25), mit der die nationale Bestimmung abzugleichen ist, besteht noch Klärungsbedarf für den Fall, wenn die Grundstücke, mit denen das Jagdrecht verbunden ist, zu einem land- und bzw. oder forstwirtschaftlichen Betrieb gehören.
Art. 25 der 6. EG-RL enthält keine ausdrückliche Regelung, ob und wie die Umsätze des Pauschallandwirts besteuert werden. Ihm ist aber zu entnehmen,
– dass auf den Pauschallandwirt die normale Mehrwertsteuerregelung keine Anwendung findet,
– dass die Pauschalregelung dem Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer dient, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenständen und Dienstleistungen gezahlt wird (Art. 25 Abs. 1),
– dass die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass der Pauschalausgleich in den in Art. 25 Abs. 5 genannten Fällen durch den Abnehmer oder Leistungsempfänger gezahlt wird und dass dieser dann den dem Pauschallandwirt gezahlten Betrag unter den Bedingungen des Art. 17 von der Steuer abziehen kann (Art. 25 Abs. 6 Buchst. a)
– und dass der Pauschalausgleich jeden weiteren Vorsteuerabzug ausschließt (Art. 25 Abs. 5 letzter Satz).
Daraus dürfte sich ergeben, dass die Umsätze des Pauschallandwirts grundsätzlich nicht der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegen, der Abnehmer oder Leistungsempfänger vielmehr in den Fällen des Art. 25 Abs. 6 Buchst. a der 6. EG-RL statt der normalen Mehrwertsteuer den Pauschalausgleich zu zahlen hat.
Die Technik der deutschen Regelung ist anders, dürfte dem aber grundsätzlich entsprechen.
Der Pauschalausgleich nach Art. 25 der 6. EG-RL ist beschränkt auf Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Dienstleistungen. Soweit der Pauschallandwirt außer diesen noch andere Umsätze im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs ausführt (z.B. die Veräußerung gebrauchter Maschinen, die Verpachtung von Grundstücken mit Zubehör; die Beherbergung und Beköstigung von Feriengästen auf dem Bauernhof; die zeitweise Abgabe von Speisen und Getränken in sog. Buschwirtschaften oder bei "Hoffesten", die Dienstleistungen im Rahmen eines Reiterhofs), dürfen diese nach Art. 25 der 6. EG-RL nicht zu einem Pauschalausgleich führen; d.h. auch, dass sie nicht unter § 24 UStG zu erfassen sind.
Wie nach der 6. EG-RL solche Leistungen zutreffend zu behandeln sind, ist zweifelhaft. Vieles spricht dafür, dass solche Leistungen – entgegen der herkömmlichen Auslegung der Vorschrift des § 24 UStG(!) – der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegen. Allenfalls...