Dipl.-Finw. (FH) Roland Ronig
Die auszahlende Stelle hat unter Berücksichtigung des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG (= Verluste aus Aktienveräußerungen) im Kalenderjahr negative Kapitalerträge einschließlich gezahlter Stückzinsen bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge auszugleichen. Negative Erträge werden bei der Bank in einen Verlustverrechnungstopf eingestellt und mit positiven Erträgen verrechnet. Eine Verrechnung ist innerhalb des Kalenderjahres vorzunehmen.
Da zwischen Aktienveräußerungsverlusten und anderen Verlusten zu unterscheiden ist, müssen jeweils 2 Verrechnungstöpfe geführt werden.
Fließen zuerst Kapitalerträge zu, worauf ein Steuerabzug vorzunehmen ist, und ergeben sich anschließend negative Einkünfte (z. B. gezahlte Stückzinsen oder Veräußerungsverluste), so mindert sich die bereits gezahlte Kapitalertragsteuer und wird durch die Bank erstattet. Auf diese Weise kann auch ein bereits ausgeschöpfter Freistellungsauftrag wieder "aufleben".
Verluste aus wertlosen Kapitalanlagen und aus Termingeschäften
Ab dem VZ 2020 gelten auf Anlegerebene besondere Verlustverrechnungsregelungen für Verluste aus wertlosen Kapitalanlagen. Darüber hinaus existiert ab dem VZ 2021 eine weitere Verlustverrechnungsbeschränkung für Verluste aus Termingeschäften.
Einzelfragen zur Anwendung dieser Normen beantwortet das BMF-Schreiben v. 19.5.2022 bzw. v. 11.7.2023.
Entsprechende Verluste dürfen beim Steuerabzug generell nicht berücksichtigt werden. Sie sind vom Kreditinstitut auch ohne Antrag des Steuerpflichtigen zu bescheinigen, um dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Veranlagung diese Verrechnung zu ermöglichen. Die für die Jahre 2020 und 2021 für den Steuerabzug eingeführten Nichtbeanstandungsregelungen gelten ab dem VZ 2022 nicht mehr.
Eine Verlustverrechnung auf Ebene des Kreditinstituts ist nur möglich, wenn die Inhaber der Konten/Depots personenidentisch sind. Somit kann zwischen Einzel-/Gemeinschaftskonten und den Anlegern zuzurechnenden Treuhand-, Notarander- und Mietkautionskonten keine Verlustverrechnung erfolgen.
Zwischen Konten/Depots von Ehegatten (Einzel- und Gemeinschaftskonten) ist eine "ehegattenübergreifende" Verlustverrechnung vorzunehmen, wenn dem Institut ein gemeinsamer Freistellungsauftrag (ggf. über 0 EUR) erteilt wurde. Diese Verlustverrechnung findet – abweichend von der ansonsten üblichen laufenden Verlustverrechnung – immer erst zum Jahresende statt. Hierdurch ergeben sich Auswirkungen auf das Freistellungsvolumen und ggf. auch auf die Höhe der Kirchensteuer.
Der Verlustverrechnungstopf wird geschlossen, sobald die Bank vom Tod eines Kunden Kenntnis erlangt. In diesem Fall wird eine Verlustbescheinigung erstellt. Eine Abgrenzung zurück auf den Todestag ist beim Steuerabzug nicht erforderlich. Entsprechendes gilt bei Gemeinschaftskonten von Ehegatten. Bei anderen Gemeinschaftskonten ist der Tod eines Kontomitinhabers demgegenüber irrelevant, d. h., der Topf wird weitergeführt. Stirbt ein Ehegatte, wird der für ihn selbst geführte Verlustverrechnungstopf geschlossen, der Topf für den anderen Ehegatten wird hingegen fortgeführt.