OFD Koblenz, Verfügung v. 25.10.2006, S 7104 A - St 44 3
Bezug: Rundverfügung vom 13.5.2005, S 7104 A – St 44 3
I. Beginn der Unternehmereigenschaft
Hinsichtlich der Begründung der Unternehmereigenschaft bei Kapitalgesellschaften ist nicht auf den zivilrechtlichen Entstehungszeitpunkt der Gesellschaft, sondern allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 UStG abzustellen. Hierbei ist i.d.R. zwischen der sog. Vorgründungsgesellschaft, Vorgesellschaft und der eingetragenen Kapitalgesellschaft zu unterscheiden, deren unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung sich wie folgt darstellt:
1. Vorgründungsgesellschaft
Die Vorgründungsgesellschaft besteht bis zum Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages. Als Personengesellschaft der Gründer (in Form einer GbR oder OHG) ist sie ein eigenständiges Rechtssubjekt und somit nicht mit der Vorgesellschaft bzw. der eingetragenen Kapitalgesellschaft identisch. Rechte und Verbindlichkeiten müssen daher einzeln auf die Kapitalgesellschaft übertragen werden.
Bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft einer Vorgründungsgesellschaft sind folgende Fälle zu unterschieden:
1.1 Die Vorgründungsgesellschaft erbringt selbst nachhaltige Leistungen
Führt die Vorgründungsgesellschaft selbst nachhaltige Leistungen gegen Entgelt aus (z.B. weil die unternehmerische Tätigkeit bereits in diesem Gründungsstadium aufgenommen wird oder weil ein bestehendes Unternehmen eines Gründers von der Vorgründungsgesellschaft übernommen und fortgeführt wird), ist die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft zu bejahen. Dies hat zur Folge, dass sie unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG hinsichtlich der von ihr bezogenen Leistungen vorsteuerabzugsberechtigt ist.
1.2 Die Vorgründungsgesellschaft führt selbst keine Leistungen aus
Führt eine Personengesellschaft nur Vorbereitungshandlungen für die noch zu gründende Kapitalgesellschaft aus und überträgt sie nach deren Gründung die bezogenen Leistungen in einem Akt entgeltlich auf die Kapitalgesellschaft, so wird die Personengesellschaft nach dem BFH-Urteil vom 15.7.2004, V R 84/99 (UR 2004 S. 650) und dem EuGH-Urteil vom 29.4.2004, Rs. C-137/02 (UR 2004 S. 362) unternehmerisch tätig. Obwohl die Personengesellschaft nur ein einziges Geschäft ohne Wiederholungsabsicht ausführt, ist eine Nachhaltigkeit gegeben, da in diesem Fall für die Beurteilung der Nachhaltigkeit die von der Kapitalgesellschaft beabsichtigten Umsätze maßgebend sind. Der Personengesellschaft steht daher der Vorsteuerabzug für die bezogenen Leistungen zu.
2. Vorgesellschaft (= Gründungsgesellschaft)
Als Vorgesellschaft bezeichnet man die gegründete aber noch nicht eingetragene Kapitalgesellschaft. Die Vorgesellschaft besteht also in dem Zeitraum zwischen Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages und der Eintragung in das Handelsregister.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist diese Vorgesellschaft nach den gleichen steuerlichen Grundsätzen zu behandeln, wie die nachfolgend eingetragene Kapitalgesellschaft (Übernahme der im Zivilrecht entwickelten Identitätstheorie in das Steuerrecht). Somit kann auch die Unternehmereigenschaft der Vorgesellschaft mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages i.d.R. unterstellt werden.
Die an diese Gesellschaft erbrachten Leistungen werden so behandelt, als seien sie an die eingetragene Kapitalgesellschaft bewirkt worden, mit der Folge, dass ihr auch der Vorsteuerabzug aus diesen Leistungen – soweit auch die übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG erfüllt sind – zusteht.
2.1 Besonderheiten/Ausnahmen
2.1.1 Sollte es ausnahmsweise nicht zur Eintragung und somit nicht zur Entstehung der endgültigen Kapitalgesellschaft kommen, so sind die Vorgründungsgesellschaft und die Gründungsgesellschaft als einheitliches Rechtssubjekt anzusehen. Die Unternehmereigenschaft dieser Personengesellschaft richtet sich nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 2.12.1996 (BStBl 1996 I S. 1461).
2.1.2 Zur Frage des Vorsteuerabzugs aus Aufwendungen im Zusammenhang mit der Gründung einer Kapitalgesellschaft, der Aufnahme eines Gesellschafters gegen Bar-/Sacheinlage oder der Ausgabe neuer Aktien/Anteile wird auf das BMF-Schreiben vom 4.10.2006, IV A 5 – S 7300 – 69/06 verwiesen.
II. Ende einer Unternehmereigenschaft
1. Grundsätzlich endet die unternehmerische Tätigkeit, wenn der Unternehmer nachhaltig keine Umsätze mehr ausführt. Eine GmbH kann daher, auch wenn sie zivilrechtlich noch fortbesteht, die Unternehmereigenschaft verlieren, wenn sie auf Dauer gesehen keine Umsätze mehr ausführt.
Die Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit kann aber nicht bereits dann angenommen werden, wenn ein Unternehmer nur vorübergehend keine Leistungen mehr erbringt. Eine nur vorübergehende Einstellung der Unternehmertätigkeit ist anzunehmen, wenn eine aus den Begleitumständen belegbare Absicht des Unternehmers feststellbar ist, die unternehmerische Tätigkeit, d.h. das Bewirken von Umsätzen, wieder aufnehmen zu wollen. Hierfür muss ein auf die Aus...