Prof. Dr. Stefan Müller, Dr. Jens Reinke
Rz. 121
Werden die Pflichten zur Rechnungslegung verletzt, sieht das Gesetz in § 331 HGB ein abgestuftes System von Sanktionen vor:
- Werden wesentliche Wahrheitspflichten verletzt, sieht das Gesetz in §§ 331 ff. HGB für Mitglieder der vertretungsberechtigten Organe und des Aufsichtsrats strafrechtliche Konsequenzen vor; Entsprechendes gilt nach § 332 HGB für den Abschlussprüfer.
- Bei Verstößen gegen Formvorschriften und Vorschriften zum Inhalt des Jahresabschlusses von geringerer Bedeutung kann ein Bußgeldverfahren nach § 334 HGB eingeleitet werden.
- Bei Nichterfüllung der Pflichten zur Offenlegung (§§ 325, 325a HGB) kann vom Bundesamt für Justiz gegen die vertretungsberechtigten Organe der Kapitalgesellschaft ein Ordnungsgeld nach § 335 HGB festgesetzt werden, was größenabhängig gestaffelt ist und bei dem auch Verschuldungstatbestände geprüft werden. Beschwerde gegen die Festsetzung muss nach § 335a HGB erhoben werden.
Zusätzlich kann die Verletzung der Pflicht zur Rechnungslegung zu Schadensersatzansprüchen gegen den Verpflichteten führen, wenn durch die Pflichtverletzung eine Person, in deren Interesse die Rechnungslegungspflichten zu erfüllen sind (Gesellschafter, Gläubiger), einen Vermögensschaden erlitten hat.
Für Personengesellschaften, die unter § 264a HGB fallen, sind die für Kapitalgesellschaften geltenden Straf- und Bußgeldvorschriften sowie die Zwangs- und Ordnungsgeldvorschriften in § 335b HGB für anwendbar erklärt worden. Diese Regelungen gelten jedoch nicht für Unternehmen, die unter das Publizitätsgesetz fallen. Das PublG enthält in den §§ 17–21 PublG ein den §§ 331 ff. HGB entsprechendes Sanktionssystem.
Rz. 122
Als Verletzung wesentlicher Pflichten, die mit Strafe bedroht ist, führen §§ 331, 332 HGB an,
- wenn ein Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats vorsätzlich die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft in Eröffnungsbilanz, Jahresabschluss oder Lagebericht unrichtig darstellt oder verschleiert (§ 331 Nr. 1 HGB). Hierdurch wird die Pflicht strafbewehrt, nach § 264 Abs. 2 HGB einen Jahresabschluss bzw. einen Lagebericht aufzustellen, der ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild von der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermittelt. Die gleiche Strafvorschrift gilt nach § 331 Nr. 2 HGB für die Pflicht zur Aufstellung des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts sowie nach § 331 Nr. 3 HGB für dessen Offenlegung; nach § 331 Nr. 1a HGB gilt diese Strafandrohung auch für die Offenlegung eines unrichtigen Einzeljahresabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe);
- wenn die Versicherung nach §§ 264 Abs. 2 Satz 3, 289 Abs. 1 Satz 5, 297 Abs. 2 Satz 4 oder 315 Abs. 1 Satz 5 HGB, dass die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ergibt, nicht oder nicht richtig abgegeben wird (§ 331a HGB) (Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe; bei Leichtfertigkeit bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe);
- wenn ein Mitglied des vertretungsberechtigten Organs der Kapitalgesellschaft oder einer Tochtergesellschaft gegenüber einem Abschlussprüfer vorsätzlich unrichtige Angaben macht oder die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft, eines Tochterunternehmens oder des Konzerns unrichtig wiedergibt oder verschleiert (§ 331 Nr. 4 HGB). Damit wird die Wahrheitspflicht gegenüber dem Abschlussprüfer nach § 320 Abs. 2 HBG strafrechtlich abgesichert. Hierdurch soll die Integrität und Zuverlässigkeit der Abschlussprüfung und des Bestätigungsvermerks sichergestellt werden (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe) .
Speziell an den Abschlussprüfer ist die Strafdrohung des § 332 HGB gerichtet. Mit Strafe bedroht ist die vorsätzliche unrichtige Berichterstattung über den Jahresabschluss, den Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a HGB, den Lagebericht, den Konzernabschluss, den Konzernlagebericht, den Zwischenabschluss nach § 340a Abs. 3 HGB oder den Konzernzwischenbericht nach § 340i Abs. 4 HGB, das vorsätzliche Verschweigen erheblicher Umstände oder die vorsätzliche Erteilung eines unrichtigen Bestätigungsvermerks nach § 322 HGB. Die Strafdrohung ist mit 3 Jahren bzw. Geldstrafe die gleiche wie die gegen die Organe der Kapitalgesellschaft nach § 332 HGB; bemerkenswert ist jedoch, dass sich die Strafdrohung hierüber hinaus erhöht (nämlich auf 5 Jahre bzw. Geldstrafe), wenn der Abschlussprüfer die Pflichtverletzung gegen Entgelt, in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern, oder in der Absicht, einen anderen zu schädigen, vorgenommen hat. Der Abschlussprüfer hat gegenüber den anderen Beteiligten (Gesellschaft, Gläubiger) eine Garantenstellung, die bei eigennütziger Pflichtverletzung die erhöhte Strafdrohung rechtfertigt.
Rz. 123
Ordnungswidrigkeiten sind nach § 334 HGB Verstöße gegen einzelne Bestimmungen über die Rechnungslegung, die nicht so schwerwiegend sind, dass kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild von der ...