Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner
Einer Umfrage zufolge glauben weniger als die Hälfte der Befragten, dass die Verschärfungsmaßnahmen der Bundesregierung nicht dazu geeignet oder zumindest nicht ausreichend sind, den Steuerbetrug im Bargeldbereich wirksam zu bekämpfen. Befragt wurden Steuerberater, Unternehmer und Buchhaltungsangestellte. Die Mehrzahl ist sich jedoch darin einig, dass die Maßnahmen auch den Steuerehrlichen über Gebühr belasten. Was immer wieder bemängelt wird, ist die fehlende oder zumindest nicht erkennbare klare Linie des Gesetzgebers und das Gefühl, etwas ausbaden zu müssen, das andere verbrochen haben.
10.1 Die klare Linie und ihre Schnörkel
Eine solch schlechte Quote ist nicht zuletzt auch auf die nicht immer zielgerichtete Umsetzung der Kassenrechtsreform zurückzuführen, wie die Historie verdeutlicht. Von einer Nichtbeanstandungsregelung beim Einsatz nicht geschützter Kassen, einer nicht bußgeldbewehrten Belegausgabepflicht über die äußerst zögerliche und zurückhaltende Umsetzung der Kassennachschau in einigen Bundesländern bis hin zu Testkäufen und Testessen, die der Prüfer aus eigener Tasche bezahlen muss, reichen die Maßnahmen, die dem skrupellosen Steuersünder nicht gerade das Blut in den Adern gefrieren lassen. Umso mehr, wenn bekannt wird, dass Prüfer neben der normalen Betriebsprüfung eine zusätzliche Kassenprüfung in der gleichen zur Verfügung stehenden Zeit durchführen sollen, wie vielfach praktiziert.
Konsequent inkonsequent werden geplante Verschärfungen noch vor ihrer Umsetzung teilweise wieder entschärft. Ein Beispiel hierfür ist auch der Salto rückwärts der Bundesländer hinsichtlich der Einbeziehung von Taxametern und Geldspielgeräten in den Katalog des § 146a Abs. 1 AO. Dabei handelt es sich um Geräte, die zur Aufzeichnung der Bareinnahmen in einer Unternehmenssparte eingesetzt werden, die nicht nur von den Gerichten zur Hochrisikobranche erklärt wurden und die – was das Bargeldrisiko anbelangt – den Gastrobetrieben, Einzelhändlern & Co. in nichts nachsteht. Anders als ursprünglich geplant, müssen diese elektronischen Aufzeichnungssysteme momentan nun doch nicht gegen nachträgliche Manipulationen geschützt werden.
Nach einer Änderung der Kassensicherungsverordnung gelten seit 1.1.2024 EU-Taxameter und Wegstreckenzähler als elektronische Aufzeichnungssysteme i. S. d. § 146a AO, sodass sie über eine technische Sicherungseinrichtung verfügen müssen. Bei Taxametern, die über eine sog. INSIKA-Technik verfügen, gelten die Neuregelungen unter weiteren Voraussetzungen erst ab 1.1.2026.
Hinsichtlich der Wegstreckenzähler gibt es gesonderte – aktuell noch nicht endgültig bestimmbare – Anwendungszeitpunkte.
10.2 Der umgedrehte Hut
Unabhängig von Branche und Betriebsgröße dürfen in Deutschland auch künftig nach Wirksamwerden aller gesetzlichen Verschärfungen, offene Ladenkassen, Schuhschachteln und sogar der umgedrehte Hut zur Erfassung von Bargeschäften verwendet werden. Das ist EU-weit ziemlich einzigartig.
Solange dies erlaubt ist, solange wird es schwierig sein, dem steuerehrlichen Registrierkassenbesitzer verständlich zu machen, dass beispielsweise die temporäre Erfassung von EC-Karten-Umsätzen im Kassenbuch einen Kassenführungsmangel nach sich ziehen soll. Auch wenn sich dieser Mangel, wie inzwischen bekannt wurde, nicht nachteilig auf die Beurteilung der Kassenführung auswirken darf. Das BMF hat eingesehen, dass die ursprünglich vertretene strenge Rechtsauffassung nicht zu halten war.
Zwei Schritte vor – einer zurück.