Leitsatz
Wird ein Gesellschaftsanteil unter einer aufschiebenden Bedingung veräußert, geht das wirtschaftliche Eigentum an dem Gesellschaftsanteil grundsätzlich erst mit dem Eintritt der Bedingung auf den Erwerber über, wenn ihr Eintritt nicht allein vom Willen und Verhalten des Erwerbers abhängt.
Normenkette
§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Gesellschafter einer KG veräußerten mit Vertrag vom 21.12.1993 ihre Anteile an eine ausländische Kapitalgesellschaft und erhielten eine Gegenleistung, die teils in bar, teils in Aktien zu erbringen war. Die Anteile sollten mit dinglicher Wirkung vom 01.01.1994 übertragen werden. Allerdings stand der Vertrag unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Bundeskartellamt den Vertrag nicht untersagt. Tatsächlich stimmte das Bundeskartellamt dem Vertrag aber am 25.03.1994 zu.
Die als Gegenleistung übertragenen Aktien, die zum Teil nicht sofort weiterveräußert werden durften, wurden auf den Kaufpreis zu einem um 5 % gekürzten Kurs auf den 23.12.1993 angerechnet. Das FA setzte bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile den nur um einen Abschlag für fehlende Dividendenberechtigung gekürzten Kurs vom 03.01.1994 an.
Die dagegen von den ehemaligen Gesellschaftern erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 26.10.2006, 10 K 516/01, Haufe-Index 1810934) ging von einem Doppelkauf aus und bewertete das Gegengeschäft mit den unter den Vertragsbeteiligten vereinbarten Werten.
Entscheidung
Auf die Revision des FA hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren zurück. Tag des wirtschaftlichen Übergangs sei der 25.03.1994; auf diesen Tag seien die erhaltenen Aktien mit ihrem gemeinen Wert zu bewerten. Dies müsse noch nachgeholt werden.
Hinweis
1. Das Urteil enthält über die im Leitsatz hinaus angesprochene Frage grundsätzliche Ausführungen zu zwei weiteren Punkten. Diese betreffen die Klagebefugnis des Erwerbers eines Mitunternehmeranteils und die Ermittlung des Kaufpreises bei Anrechnung einer Sachleistung auf die vereinbarte Barzahlung.
2. Zunächst zum Leitsatz: Ein vom zivilrechtlichen Eigentum abweichendes wirtschaftliches Eigentum setzt voraus, dass der wirtschaftliche Eigentümer dem zivilrechtlichen Eigentümer dauerhaft Substanz und Früchte der Sache entziehen kann. In Übertragungsfällen geht wirtschaftliches Eigentum vor dem zivilrechtlichen Eigentum dann über, wenn der Erwerber selbst es in der Hand hat, seine Rechtsposition zu Volleigentum erstarken zu lassen.
Dies ist insbesondere der Fall, wenn dem Erwerber ein Anwartschaftsrecht zusteht. Steht der Übergang des zivilrechtlichen Eigentums aber unter der Bedingung, dass ein Dritter dem Übergang zustimmen muss (hier das Bundeskartellamt), kann der Erwerber den Übergang nicht selbst bewirken, den bisherigen Eigentümer also nicht aus seiner Position verdrängen. Das Eigentum geht in einem solchen Fall erst mit Eintritt der Bedingung über.
3. Zur Anrechnung einer Sachleistung auf einen Barkaufpreis nimmt der BFH unter dem Aspekt der Wertberechnung Stellung. Hier hatten die Beteiligten Aktien an Zahlungs statt auf den Barkaufpreis angerechnet. Bei der Ermittlung des Veräußerungspreises wurden die Aktien aber mit einem niedrigeren Wert angesetzt, als sie angerechnet worden waren.
Der BFH gestattet solche Rechnungen nicht. Sachleistungen sind auch bei Annahme an Zahlungs statt mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Maßgeblich ist dabei der Wert im Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an der Sache.
4. Verfahrensrechtlich enthält das Besprechungsurteil einen Bruch mit früherer Rechtsprechung. Hatte der BFH früher angenommen, dass der Erwerber eines Mitunternehmeranteils klagebefugt für eine Klage betreffend die Höhe des Veräußerungsgewinns sei, gibt er diese Rechtsprechung nun ausdrücklich auf. Nur der Veräußerer und ggf. die Gesellschaft selbst als Prozessstandschafterin der Gesellschafter können gegen die Feststellung des Veräußerungsgewinns klagen. Der Erwerber ist von dieser Feststellung nicht betroffen. Seine Anschaffungskosten sind nicht von der Höhe des Veräußerungsgewinns, sondern von der Höhe seiner Leistung abhängig.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.06.2009 – IV R 3/07