Leitsatz
Die Hinzurechnungen der Miet- und Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 7 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG 1991 und der Teilwerte der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter gem. § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG 1991 beim Mieter oder Pächter verstoßen weder gegen gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbote noch gegen den Gleichheitssatz.
Normenkette
§ 8 Nr. 7 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG , § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG , Art. 59 EGV (= Art. 49 EG) , Art. 3 Abs. 1 GG
Sachverhalt
Unternehmensgegenstand der Klägerin, einer GmbH, ist die Herstellung, die Vermittlung und der Vertrieb von Erzeugnissen einer Bäckerei sowie der Handel mit Lebensmitteln. Ihr wesentliches Anlagevermögen, das Betriebsgrundstück sowie die Filialeinrichtungen hat die Klägerin von einem ihrer Gesellschafter angepachtet, der im Streitjahr 1993 45 % ihrer Anteile hielt. Die Pachtzinsen berücksichtigte sie Gewinn mindernd.
Das FA rechnete bei der Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn die Zinsen zur Hälfte und bei der Ermittlung des Gewerbekapitals dem Einheitswert des Gewerbebetriebs die Teilwerte der betreffenden Wirtschaftsgüter, soweit sie nicht auf Grundbesitz entfielen, gem. § 8 Nr. 7 Satz 2 Halbsatz 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GewStG 1991 hinzu. Dagegen wehrte sich die Klägerin unter Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 26.10.1999, Rs. C-294/97"Eurowings" (BStBl II 1999, 851) und auf Art. 3 Abs. 1 GG. Es handele sich bei der Hinzurechnung um eine unzulässige (umgekehrte) Inländerdiskriminierung, weil sie schlechter behandelt werde als ein Steuerpflichtiger, der einen vergleichbaren Pachtvertrag mit einem Verpächter geschlossen habe, welcher in einem anderen EG-Mitgliedstaat ansässig sei. In einem derartigen Fall schlössen die gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbote eine Hinzurechnung der Pachtzinsen sowie der Teilwerte der überlassenen Wirtschaftsgüter beim inländischen Steuerpflichtigen aus.
Das FA folgte dem ebenso wenig wie das FG (EFG 2003, 1644).
Entscheidung
Die Entscheidung Der BFH hatte zwar entgegen dem FG die Revision zugelassen. Es erging sodann aber ein zurückweisender Gerichtsbescheid und schließlich – nach einem Antrag der Klägerin auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung – ein ebenfalls zurückweisender (einstimmiger) Beschluss gem. § 126a FGO.
Begründet wurde die Zurückverweisung mit den Erwägungen, die in den Praxis-Hinweisen aufgezeigt werden. Mittels dieser wurde sowohl ein Gemeinschaftsrechts- als auch ein Verfassungsverstoß verneint.
Hinweis
1. Wenn eine nationale Vorschrift sich als gemeinschaftsrechtswidrig erweist und deswegen gegenüber Gebietsfremden unanwendbar ist, dann könnte dies vice versa die Konsequenz nach sich ziehen, dass sich im Ergebnis nicht mehr der Ausländer gegenüber dem Inländer, jedoch umgekehrt der Inländer gegenüber dem Ausländer schlechter stellt. Stichwort für dieses Phänomen ist die sog. umgekehrte Inländerdiskriminierung.
2. Eine solche Situation könnte das viel diskutierte EuGH-Urteil vom 26.10.1999, Rs. C-294/97 (BStBl II 1999, 851) in der Rechtssache "Eurowings" nach sich ziehen. Darin hatte der EuGH bekanntlich den Stab über die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG für den Fall gebrochen, dass ein Gebietsansässiger ein Wirtschaftsgut von einem Gebietsfremden anmietet oder anpachtet. Da der Gebietsfremde nicht gewerbesteuerpflichtig ist und die Miete oder Pacht damit unter derartigen Umständen nicht der deutschen GewSt-Pflicht unterfällt, greift die besagte Hinzurechnungsregel statt beim Vermieter oder Verpächter beim (inländischen) Mieter oder Pächter. Dieser steht steuerlich also "schlechter" da, als wenn das Wirtschaftsgut ihm von einem inländischen Vermieter oder Verpächter zur entgeltlichen Nutzung überlassen worden wäre.
Der EuGH entschied, dass das aus europarechtlicher Sicht diskriminiere und nicht hinzunehmen sei. Den deutschen Gesetzgeber kümmert dies allerdings bislang nicht: An Existenz und Reichweite des § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG hat sich – trotz einiger "Anläufe" im parlamentarischen Vorfeld – bislang nichts geändert. In einschlägigen Fällen mit Auslandsbezug wird die Norm von den FÄ schlicht nicht angewandt.
3. Was ist nun, so lässt sich fragen, mit einem Gebietsansässigen, der ein Wirtschaftsgut von einem anderen Gebietsansässigen anmietet oder anpachtet, bei dem der Miet- oder Pachtzins aber gewerbesteuerlich ebenfalls unberücksichtigt bleibt, beispielsweise deshalb, weil der Vermieter oder Verpächter im Rahmen einer Vermögensverwaltung handelt und als solcher nicht gewerbesteuerpflichtig ist. Genau so erging es im Beschlussfall einer Bäckerei-GmbH im Niedersächsischen.
4. Das wirft zwei Fragen auf, nämlich erstens: Hat der EuGH in der Sache "Eurowings" die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 7 GewStG in toto als gemeinschaftsrechtswidrig verworfen? Und zweitens: Liegt in der Ungleichbehandlung gegenüber einem vergleichbaren Gebietsfremden ein Verfassungsverstoß?
5. Der BFH hat in einem Beschlussverfahren gem. § 126a FG...