Leitsatz
Streiten Beteiligte im finanzgerichtlichen Verfahren um die Erteilung einer vZTA über die Einreihung bestimmter Waren in den GZT, sind Dritte, die die gleichen Waren herstellen oder importieren, zu diesem Rechtsstreit regelmäßig nicht beizuladen; das gilt auch dann, wenn das FG erwägt, zu der streitigen Tarifierungsfrage eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen.
Normenkette
§ 60 Abs. 1 Satz 1 FGO, Art. 12 Abs. 2 VO Nr. 2913/92 (ZK)
Sachverhalt
Ein Importeur begehrte die Beiladung zu einem beim FG anhängigen Rechtsstreit über die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) zur Einreihung von Waren, die auch er selbst importiert. Das FG lehnte den Antrag ab.
Entscheidung
Die Ablehnung der Beiladung ist ermessensfehlerfrei, da durch die Entscheidung im Klageverfahren rechtliche Interessen der Beiladungsprätendentin nicht berührt werden.
Hinweis
1. Eine Beiladung setzt voraus, dass rechtliche Interessen des Beizuladenden berührt sind. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung des FG eine rechtlich geschützte Position des Beizuladenden positiv oder negativ beeinflussen würde (BFH, Beschluss vom 16.3.2001, II B 83/00, BFH/NV 2001, 1275), weil die Entscheidung durch ihren Tenor den Beigeladenen binden würde. Zwar ist für eine einfache Beiladung nicht erforderlich, dass die Entscheidung unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung für den Beigeladenen hat. Dies ist vielmehr nur bei der notwendigen Beiladung der Fall. Es reicht aber auch für eine einfache Beiladung nicht aus, wenn sich die Entscheidung nur dadurch auswirken kann, dass ihre Begründung auch für die Beurteilung gegenwärtiger und künftiger Rechtsbeziehungen des Beizuladenden von Interesse ist, die Entscheidung also insofern präjudiziell ist.
2. Eine vZTA entfaltet nach Art. 12 Abs. 2 ZK eine Bindung nur im Verhältnis zwischen den Zollbehörden und demjenigen, der die Auskunft einholt. Für andere künftige Zollbeteiligte hat sie daher bloße Präjudizwirkung.
3. Das gilt auch dann, wenn in dem betreffenden Verfahren eine Vorabentscheidung des EuGH eingeholt werden soll. Die materielle oder faktische Bindungswirkung einer Vorabentscheidung des EuGH unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Wirkung präjudizierender Entscheidungen nationaler Gerichte. Verbindlich ist die in der Vorabentscheidung geäußerte Rechtsauffassung des EuGH grundsätzlich nur für das vorlegende Gericht in dem Verfahren, das Anlass für das Vorabentscheidungsersuchen war, sowie ggf. weitere mit derselben Rechtssache betraute Gerichte (EuGH, Urteil vom 5.3.1986, Rs. C-69/85 – Wünsche –, EuGHE 1986, 947).
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 22.12.2005, VII B 115/05