Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
Grundbesitz einer gewerblich geprägten Personengesellschaft dient i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG dem Gewerbebetrieb des an der Gesellschaft beteiligten Lebensversicherungsunternehmens, wenn er zugunsten des Deckungsstock-Treuhänders im Grundbuch gesperrt ist und die Anteile an der Personengesellschaft in das Deckungsstockverzeichnis aufgenommen worden sind.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 Sätze 2 und 5 GewStG
Sachverhalt
Zwei Kapitalgesellschaften, die zu einem Lebensversicherungskonzern gehören, hatten eine GbR gegründet und in diese Gesellschaft Grundstücke gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, die bisher zum Deckungsstockvermögen der Lebensversicherung gehörten. Die Grundstücke blieben im Grundbuch zugunsten des Deckungsstock-Treuhänders gesperrt. Nur mit dessen Zustimmung durfte auch über die Anteile an der GbR verfügt werden. Die Beteiligung wurde in das Deckungsstockverzeichnis aufgenommen.
Das FA hielt die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht für zulässig.
Entscheidung
Nachdem die Klage bereits vor dem FG erfolglos geblieben war, versagte auch der BFH die erweiterte Kürzung.
Hinweis
1. Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG anstelle der geringfügigen Kürzung um 1,2 % des Einheitswerts eine erweiterte Kürzung in Höhe des auf die Grundstücksverwaltung entfallenden Gewerbeertrags vornehmen. Im Idealfall kommt es deshalb bei derartigen Unternehmen zu einer völligen GewSt-Freiheit.
2. Diese GewSt-Ersparnis wollten auch Lebensversicherer in Anspruch nehmen, die ihr Vermögen in Grundstücken angelegt haben. Die Versicherung selbst erhält die Kürzung nicht, weil sie nicht ausschließlich grundstücksverwaltend tätig ist. Deshalb hatte man zunächst versucht, die Grundstücke durch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft verwalten zu lassen. Die erweiterte Kürzung erhielt die Grundstücksgesellschaft aber bei diesem Modell nicht, weil der BFH es im Urteil vom 26.10.1995, IV R 35/94 (BStBl II 1996, 76) für schädlich hielt, dass die Miteigentumsanteile an den Grundstücken zum Deckungsstock der Lebensversicherung gehörten. Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG wird die erweiterte Kürzung nämlich nicht gewährt, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters dient.
3. Der Besprechungsfall betrifft nun eine Fortentwicklung des Gestaltungsmodells: die Grundstücke werden auf die Personengesellschaft zu Eigentum übertragen; sie bleiben zwar im Grundbuch zugunsten des Deckungsstock-Treuhänders gesperrt, gehören aber unmittelbar nicht mehr zum Deckungsstockvermögen der Lebensversicherung. Stattdessen gehen die Anteile an der Personengesellschaft in den Deckungsstock ein. Auch diese Gestaltung erfüllt nach Meinung des BFH aber die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG. Es reicht nach seiner Auffassung aus, wenn die Grundstücke mittelbar zum Deckungsstockvermögen des Gesellschafters gehören.
Konsequenz daraus ist, dass Lebensversicherer im Unterschied zu allen anderen Unternehmen Grundstücksanlagen nicht "outsourcen" können, um eine GewSt-Ersparnis zu erzielen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 17.1.2002, IV R 51/00