Leitsatz
Die als Bezüge i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzusetzenden Unterhaltsleistungen, die ein verheiratetes Kind von seinem Ehegatten erhält, sind nicht deshalb zu mindern, weil der Ehegatte Aufwendungen für die Versicherung eines Pkw sowie für eine sog. Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung getragen hat.
Normenkette
§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, § 1360, § 1360a, § 1608 Satz 1 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin bezog zunächst Kindergeld für ihre 1980 geborene verheiratete Tochter T, die ein Studium absolvierte. T und ihr Ehemann E haben die gemeinsame Tochter C. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung 2005 für T wegen Überschreitung des Jahresgrenzbetrags auf. Dabei errechnete sie als Bezüge anzusetzende Unterhaltsleistungen des E an T i.H.v. 6.320 EUR.
Das Sächsische FG wies die Klage ab (Sächsisches FG, Urteil vom 2.4.2008, 2 K 286/07 (Kg), Haufe-Index 2285547, EFG 2010, 1620). Es war der Ansicht, Aufwendungen des E für eine Kfz-Haftpflichtversicherung und eine sog. Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung hätten dessen Unterhaltsleistungen an T nicht gemindert.
Entscheidung
Der BFH stimmte dem zu und wies die Revision als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Der Anspruch auf Kindergeld für ein über 18 Jahre altes Kind, das für einen Beruf ausgebildet wird, setzte bis einschließlich 2011 voraus, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag nicht überschreiten (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG a.F.). Seit 2012 gilt diese Einschränkung nicht mehr.
2. Ist das Kind bereits verheiratet, so wird es nur in einem sog. Mangelfall berücksichtigt, d.h. wenn seine eigenen Einkünfte und Bezüge einschließlich der Unterhaltsleistungen des Ehepartners den Jahresgrenzbetrag nicht überschreiten (zuletzt BFH, Urteil vom 4.8.2011, III R 48/08, BFH/NV 2011, 1958, BFH/PR 2011, 452). Der BFH unterstellt bei Ehepartnern, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, dass diese ihr verfügbares Einkommen teilen. Unterhaltsleistungen sind danach i.H.d. Hälfte der Differenz zwischen den Einkünften des unterhaltsverpflichteten Ehepartners und den geringeren eigenen Mitteln des Kindes anzunehmen, soweit dem unterhaltsverpflichteten Ehepartner ein verfügbares Einkommen i.H.d. steuerrechtlichen Existenzminimums verbleibt.
3. Haben die Ehegatten eigene Kinder, so sind die Einkünfte und Bezüge desjenigen Ehegatten, für den Kindergeld begehrt wird, allenfalls – systemfremd! – i.H.d. halben Unterhaltsbelastung gegenüber den Kindern zu mindern.
4. Aufwendungen des unterhaltspflichtigen Ehegatten für die Kfz-Haftpflichtversicherung gehören zum Familienunterhalt. Soweit der versicherte Pkw von ihm zur Erzielung von Einkünften eingesetzt wird, mindern sich bereits seine Einkünfte um Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Eine nochmalige Minderung der aus seinen Einkünften zu ermittelnden Unterhaltsleistungen an den anderen Ehegatten scheidet dann ohnehin aus.
5. Bei einer Unfall-Prämienrückgewähr-Versicherung handelt es sich um eine Kombination aus einer Unfall- und einer Lebensversicherung. Die Versicherungsprämien mindern die Unterhaltsleistungen auch dann nicht, wenn allein Risiken des unterhaltspflichtigen Ehegatten versichert sind. Denn es handelt sich trotzdem um Aufwendungen für den Familienunterhalt im weiteren Sinne, da die Familie gegen die finanziellen Folgen eines Unfalls oder Versterbens ihres Ernährers abgesichert wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.11.2011 – III R 76/09