Dr. Hubertus Gschwendtner
Leitsatz
1. Die Befreiung des Betriebsunternehmens von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 GewStG erstreckt sich bei einer Betriebsaufspaltung nicht auf die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens.
2. Die Bestellung eines Erbbaurechts an einem unbebauten Grundstück hat eine sachliche Verflechtung von Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft zur Folge, wenn das Grundstück für die betrieblichen Zwecke der Betriebsgesellschaft bebaut werden soll. Die sachliche Verflechtung tritt mit Abschluss des Erbbaurechtsvertrags ein.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 GewStG , § 3 Nr. 20 GewStG , § 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin und ihr Ehemann hatten an einem ihnen gehörenden Grundstück ein Erbbaurecht zu Gunsten einer von ihnen beherrschten GmbH bestellt, die ein Krankenhaus betrieb. Das Krankenhaus war nach § 3 Nr. 20 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Die GmbH errichtete auf dem Grundstück verschiedene Anbauten.
Das FA vertrat die Ansicht, dass zwischen der Miteigentümergemeinschaft (Besitzunternehmen) und der GmbH (Betriebsunternehmen) eine Betriebsaufspaltung bestehe und deshalb sowohl die gezahlten Erbbauzinsen als auch die Gewinnausschüttungen der GmbH als Betriebseinnahmen der Gewerbesteuer unterlägen.
Entscheidung
FG (EFG 1999, 387) und BFH bestätigten diese Beurteilung. Die Gewerbesteuerbefreiung der GmbH sei nicht auf das Besitzunternehmen zu übertragen; die hinsichtlich der Möglichkeit einer Merkmalübertragung abweichende Rechtsprechung des BFH zur lnvestitionszulage könne auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragen werden.
Das Erbbaurecht könne zu einer sachlichen Verflechtung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung führen, wenn das Grundstück nach seiner Bebauung eine wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebsunternehmens bilde. Die sachliche Verflechtung beginne mit dem Abschluss des Erbbauvertrags. Ab diesem Zeitpunkt seien die Erbbauzinsen und die Gewinnausschüttungen der GmbH als Betriebseinnahmen zu erfassen.
Das Urteil enthält darüber hinaus Ausführungen zur Verwirkung eines Steueranspruchs, zur verbindlichen Zusage durch das FA und zum Schutz des Vertrauens des Steuerpflichtigen in eine frühere und inzwischen geänderte Rechtsprechung.
Hinweis
Die für eine Betriebsaufspaltung notwendige sachliche Verflechtung setzt voraus, dass die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft wenigstens eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt. Das kann auch ein unbebautes Grundstück sein, wenn es mit Gebäuden oder Vorrichtungen bebaut werden soll, die für die Betriebsführung des Betriebsunternehmens von nicht nur geringer Bedeutung sind.
Das die Nutzungsbefugnis begründende Rechtsverhältnis wird regelmäßig ein schuldrechtlicher Miet- oder Pachtvertrag sein; die Nutzung kann aber auch auf einem dinglichen Recht beruhen, wie z.B. einer Grunddienstbarkeit oder einem Nießbrauch. Für das Erbbaurecht war das bisher streitig, weil – zum einen – der Erbbauverpflichtete kein für die Bedürfnisse des Betriebsunternehmens besonders hergerichtetes Gebäude zur Nutzung überlässt und – zum anderen – der nutzungsberechtigte Eigentümer des von ihm errichteten Gebäudes wird.
Den ersten Einwand weist der BFH nunmehr mit dem Hinweis zurück, dass es – entgegen seiner früher vertretenen Ansicht – auf die Überlassung eines für die Zwecke des Betriebsunternehmens besonders gestalteten Grundstücks nicht ankomme; dem zweiten Einwand begegnet er mit dem Hinweis darauf, dass das Erbbaurecht – wie auch andere dingliche Rechte – steuerrechtlich lediglich unter dem Gesichtspunkt von Nutzungsbefugnissen und Duldungspflichten zu beurteilen sei.
Noch größere Bedeutung hat das Urteil aber für die Praxis wegen seiner Ausführungen, mit denen es die Erstreckung der gewerbesteuerrechtlichen Befreiung des Betriebsunternehmens auf das Besitzunternehmen ablehnt. Denn hier handelt es sich um eine Entscheidung zu einem der Fälle, in denen sich die Frage nach der Möglichkeit einer Merkmalübertragung (von einem Unternehmen auf das andere) stellt.
Würde man hier die Befreiung auf das Besitzunternehmen mit der Folge durchschlagen lassen, dass dieses wegen der nunmehr fehlenden Qualifikation als Gewerbebetrieb nicht mehr Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung wäre, würden ihm auch alle mit der Betriebsaufspaltung verbundenen Vorteile verloren gehen (wie z.B. die Möglichkeit der Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern oder die Inanspruchnahme von Investitionszulagen und Sonderabschreibungen, die einen Gewerbebetrieb voraussetzen).
Geht man aber von einer nach Einkommensteuerrecht, Körperschaftsteuerrecht und Gewerbesteuerrecht vorliegenden Betriebsaufspaltung aus, könnte man die Merkmalübertragung mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage nur aus der allgemeinen Konstruktion der Betriebsaufspaltung ableiten, etwa der wirtschaftlichen Einheit von Besitz- und Betriebsunternehmen (ablehnend bereits BFH, Beschluss vom 8.11.1991, GrS 2/71, BStBl II 1972, 63, befürwortend aber die Rechtsprechung zur Investitionszulage) oder der Zurechnung der Tätig...