Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
1. Wird eine Wohnung durch einen Gästevermittlungsvertrag zur kurzfristigen Vermietung an ständig wechselnde Feriengäste bestimmt, so liegt auch dann keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i.S.d. § 10e Abs. 1 Satz 2 EStG vor, wenn der Wohnungseigentümer von seinem vorbehaltenen zeitlich begrenzten Eigennutzungsrecht Gebrauch macht.
2. Die Nutzung zu Wohnzwecken setzt eine dauerhafte und intensive Beziehung des Nutzers zu der Wohnung voraus.
3. Eine Wohnung, die aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen zur kurzfristigen Vermietung an ständig wechselnde Feriengäste bestimmt ist, stellt eine die Anwendung des § 10e EStG ausschließende Ferienwohnung dar, selbst wenn sie nicht in einem Sondernutzungsgebiet nach § 10 BauNVO liegt.
Normenkette
§ 10e Abs. 1 EStG , § 34f Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger erwarben in einer Ferienwohnanlage Eigentumswohnungen und verpflichteten sich in den Kaufverträgen, die zu errichtenden Ferienappartements an einen wechselnden Personenkreis zu vermieten. Nach den insoweit mit einer Vermietungs- und Betriebsgesellschaft (VBG) abgeschlossenen Gästevermittlungsverträgen stellen sie die Wohnungen der VBG als Vermittlerin zur entgeltlichen Vermietung in ihrem Namen und auf ihre Rechnung im Rahmen einer gewerblichen Fremdenverkehrsnutzung ausschließlich zur Verfügung.
Die Kläger können die Wohnungen lediglich in vorher bestimmten Zeiträumen fünf Wochen im Jahr selbst nutzen; der VBG ist spätestens bis zum 10. Januar eines jeden Jahres die beabsichtigte Dauer der Eigennutzung schriftlich mitzuteilen. Dem Vermieter steht im Fall eines Verkaufs oder einer sonstigen Veräußerung der Eigentumswohnungen nicht das Recht zu, den Gästevermittlungsvertrag zu kündigen. Vielmehr sind Käufern oder Nutzungsberechtigten im Fall einer Veräußerung oder wirtschaftlichen Gebrauchsüberlassung des Sondereigentums die Verpflichtungen aus den Verträgen aufzuerlegen.
Mit der Einkommensteuererklärung begehrten die Kläger ohne Erfolg für eine der beiden Wohnungen die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG und die Steuerermäßigung nach § 34f EStG für zwei Kinder.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH scheidet im Streitfall die begehrte einkommensteuerliche Wohneigentumsförderung aus, weil die betroffene Wohnung zum einen nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird und zum anderen eine – nicht förderbare – Ferienwohnung ist.
Der Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt eine Beziehung zwischen dem Nutzer und dem genutzten Raumbereich von gewisser Dauerhaftigkeit und Intensität voraus; daran fehlt es, wenn Räume von wechselnden Feriengästen jeweils nur im Urlaub genutzt werden, insbesondere dann, wenn dies der von Anfang an gegebenen Zweckbestimmung der Wohnung entspricht. Solche Räume werden nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, sondern lediglich zum vorübergehenden Aufenthalt am Urlaubsort. Darin liegt der wesentliche Unterschied zu einer Zweitwohnung, die trotz fehlender ständiger Nutzung nach § 10e Abs. 1 und § 34f EStG förderbar ist, weil sie der ausschließlichen Nutzung des Eigentümers oder der von ihm in den Haushalt aufgenommenen Personen vorbehalten ist.
Hinweis
Nach ständiger Rechtsprechung zu dem Erfordernis einer "Nutzung zu Wohnzwecken" setzt der Anspruch auf Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG oder § 4 EigZulG voraus, dass das Förderobjekt auch rechtlich dauerhaft zu Wohnzwecken genutzt werden darf (vgl. Urteile des BFH in BStBl II 2001, 66; in BFH/NV 2001, 429; in BFH/NV 1998, 160). Nach Auffassung des BFH können sich rechtliche Hindernisse für eine Dauerwohnnutzung und damit für eine steuerliche Wohneigentumsförderung auch aus einer kaufvertraglichen Nutzungsbeschränkung ergeben, nach der der Erwerber die Wohnung auf Dauer zur Vermietung an wechselnde Feriengäste bereithalten muss und nur zeitlich begrenzt zur Eigennutzung befugt ist.
Im Interesse einer Option auf die steuerliche Wohneigentumsförderung sollte deshalb in Kaufverträgen über eine Wohnung insbesondere in "Feriengebieten"keine starre zeitliche Begrenzung des Eigennutzungsrechts vereinbart werden. Denn ohne eine solche Begrenzung kann dem Eigentümer bei ganzjähriger Nutzung der Wohnung die Förderung nach den §§ 10e, 34f EStG bzw. nach § 2 EigZulG nur versagt werden, wenn die Wohnung nach öffentlichem Baurecht nur als Ferienwohnung genutzt werden kann oder sie tatsächlich nicht über die Mindestausstattung für eine dauerhafte Wohnnutzung verfügt. Andernfalls führt eine ganzjährige Nutzung durch den Eigentümer dazu, dass in dem jeweiligen Jahr keine "Bestimmung zur vorübergehenden Beherbergung von anderen Personen" vorliegt, die nach R 42a Abs.1 Satz 3 EStR und nach BMF, Schreiben vom 10.2.1998, BStBl I 1998, 190, Tz. 25 eine steuerliche Wohneigentumsförderung ausschließt (vgl. Stuhrmann in Bordewin/Brandt, EStG, § 2 EigZulG Rz. 22 mwN).
Für Altverträge mit starren Nutzungsbeschränkungen kann eine Wohneigentumsförderung allenfalls dann geltend gemacht werden, wenn die vertragliche Beschränkung – über den Einzelfall hinaus (z.B....