Leitsatz
Wertaufholungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1, § 8b Abs. 8 Satz 1 KStG, denen in früheren Jahren sowohl steuerwirksame als auch steuerunwirksame Anteilsabschreibungen auf den niedrigeren Teilwert vorangegangen sind, sind nach § 8b Abs. 8 Satz 2 KStG vorrangig mit dem Gesamtvolumen früherer steuerunwirksamer Teilwertabschreibungen zu verrechnen.
Normenkette
§ 8b Abs. 8 Satz 2, § 34 Abs. 7 Satz 8 Nr. 2 KStG, § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG, § 8 Abs. 1 InvStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Pensionskasse in der Rechtsform des VVaG, war alleinige Anteilsinhaberin mehrerer Spezialinvestmentfonds.
Bei zwei dieser Fonds (PKM 1 und PKM 2) hatten sie in den Jahren 2002 und 2003 Teilwertabschreibungen vorgenommen, die den Gewinn gemindert hatten, aber durch eine außerbilanzielle Hinzurechnung steuerlich neutralisiert worden waren. Im Jahr 2004 erfolgten weitere Abschreibungen, die steuerwirksam geworden waren. Im Streitjahr 2005 kam es zu Wertaufholungen der Fondsanteile. Die Klägerin behandelte diese Wertaufholung als steuerfreie Gewinne gemäß § 8b Abs. 2 KStG.
Das FA ging demgegenüber von einer Steuerpflicht der Wertaufholung aus. Denn diese seien zwingend zunächst mit den steuerwirksam gewordenen Teilwertabschreibungen des Jahres 2004 zu verrechnen.
Das FG Münster gab der dagegen gerichteten Klage zum Teil mit der Begründung statt, dass das FA nicht zwischen den beiden betroffenen Fonds differenziert habe. Ein Teil der auf den PKM 1 entfallenden Wertaufholung sei daher zu 95 % steuerfrei zu belassen (FG Münster, Urteil vom 23.1.2017, 9 K 3180/14 K,F, Haufe-Index 10667198, EFG 2017, 756).
Entscheidung
Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin war ganz überwiegend erfolgreich. Der BFH entschied, dass die Wertaufholungen des Jahres 2005 steuerfrei zu belassen sind. Allerdings sind 5 % der betroffenen Beträge als nicht abziehbare Betriebsausgaben (sog. Schachtelstrafe) anzusehen.
Hinweis
1. Mit der Besprechungsentscheidung hat der BFH wichtige Aussagen zur Behandlung von Wertaufholungen im Regelungsbereich des § 8b KStG getroffen.
2. Das im Streitfall betroffene Versicherungsunternehmen war wie andere Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen zunächst vom "§-8b-KStG-Regelungssystem" erfasst. Im Zuge der Börsenkrise des Jahres 2002 erwies sich dies als ungünstig, konnte doch der auf den beträchtlichen Beteiligungsbesitz dieser Unternehmen erforderlich werdende Abschreibungsbedarf wegen § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG steuerlich nicht genutzt werden. Der Gesetzgeber entschloss sich daher, für diese Unternehmensgruppe mit § 8b Abs. 8 KStG eine weitere Ausnahmebestimmung vom "§-8b-KStG-Regelungssystem" zu schaffen. Folglich waren Teilwertabschreibungen und Beteiligungsverluste nunmehr steuerlich abziehbar, allerdings Gewinne und Wertaufholungen konsequenterweise steuerpflichtig.
3. Das System ist daher im Prinzip stimmig, bedarf aber ergänzender Regelungen für die Übergangszeit. So kann es ohne Weiteres vorkommen, dass Teilwertabschreibungen entsprechend der bisherigen Rechtslage (Geltung des "§-8b-KStG-Regelungssystems") steuerunwirksam waren, spätere Wertaufholungen unter Geltung des neuen Rechts (keine Geltung des "§-8b-KStG-Regelungssystems" gemäß § 8b Abs. 8 KStG) aber steuerpflichtig. Der Gesetzgeber hat das Problem gesehen und daher in § 8b Abs. 8 Satz 2 KStG eine Ausnahme von der Ausnahme geregelt: Wertaufholungen, die frühere steuerunwirksame Teilwertabschreibungen ausgleichen, sind (weiterhin) steuerfrei.
4. Was gilt vor diesem Hintergrund aber in dem speziellen Fall, in dem vor Einführung der Bereichsausnahme für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowohl steuerwirksame als auch nicht steuerwirksame Teilwertabschreibungen vorgenommen worden waren und es nunmehr zu einer Wertaufholung kommt?
Das FA sprach sich für eine Verrechnungsreihenfolge nach dem Prinzip "Last in – First out" aus. Im Streitfall hätte das zur Folge gehabt, dass die Wertaufholung die zuletzt erfolgte, steuerwirksame Teilwertabschreibung ausgeglichen haben würde und daher selbst voll steuerpflichtig gewesen wäre.
5. Diesen Weg ist der BFH indes nicht gegangen. Er konnte der streitentscheidenden Norm des § 8b Abs. 8 Satz 2 KStG keine zeitliche Verrechnungsreihenfolge entnehmen. Vielmehr stellt diese Regelung nach ihrem Wortlaut für die Steuerfreiheit der Wertaufholung lediglich darauf ab, ob (und soweit) eine Teilwertabschreibung in irgendeinem früheren Jahr steuerunwirksam war. Bei dieser Gelegenheit stellt der BFH auch zugleich klar, dass es allein darauf ankommt, dass die frühere Teilwertabschreibung tatsächlich nicht steuerwirksam war, auf die Rechtmäßigkeit kommt es insoweit also nicht an.
6. Schließlich musste der BFH noch zu dem Einwand Stellung nehmen, dass die Anwendung des pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbots (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG) auf Wertaufholungsgewinne nicht recht- bzw. verfassungsmäßig sei. Beide Einwendungen wies der BFH zurück. Hier wie auch sonst im "§-8b-KStG-Regelungssystem" gewährt das Gesetz also ...