Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Verteilt sich die Zahlung einer Abfindung in zwei gleichen Raten auf zwei Veranlagungszeiträume, so fehlt es an einem zusammengeballten Zufluss als Voraussetzung für eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG.
Sachverhalt
Die Klägerin hatte im Jahr 2003 eine Altersteilzeitvereinbarung mit ihrem Arbeitgeber abgeschlossen. Danach sollte das bestehende Arbeitsverhältnis ab 2003 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgesetzt werden und die Klägerin sollte 2008 aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Bis 2006 sollte das Arbeitsverhältnis als Vollzeitphase und anschließend bis zum Ausscheiden als Freistellungsphase durchgeführt werden. Für den Fall einer Rentenkürzung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente war vereinbart, dass die Klägerin eine Abfindung nach § 5 des Tarifvertrags Altersteilzeit (TV ATZ) erhalten sollte. Weiter war eine Abfindung nach Sozialplan vorgesehen. Die Gesamtabfindung von 27.000 EUR sollte i. H. v. 50 % mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses und die anderen 50 % im Januar 2009 gezahlt werden.
Bei der mit Ausscheiden der Klägerin im Jahr 2008 gezahlten ersten Abfindungsrate hat der Arbeitgeber Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Die im Streitjahr 2009 ausgezahlte zweite Rate wurde in der Steuererklärung der Klägerin für 2009 in der Anlage N unter der Rubrik "Entschädigungen/Arbeitslohn" für mehrere Jahre eingetragen und eine ermäßigte Besteuerung beantragt. Das Finanzamt behandelte die Abfindung jedoch als Bruttoarbeitslohn und lehnte eine ermäßigte Besteuerung ab, da sie in zwei Veranlagungszeiträumen zugeflossen sei.
Entscheidung
Vor dem Finanzgericht hatte die Klägerin keinen Erfolg. Sind im zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteil v. 28.6.2006, XI R 58/05, BStBl 2006 II S. 835, m.w.N.) liegen außerordentliche Einkünfte grundsätzlich nur vor, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Der zusammengeballte Zufluss wird dabei nur für die zu begünstigenden Leistungen gefordert. Keine Zusammenballung in diesem Sinne liegt vor, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehreren verschiedenen Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt.
Liegt eine Zusammenballung nicht vor und ist deswegen der Tatbestand des § 34 Abs. 1 EStG nicht erfüllt, ist die Besteuerung der in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen zugeflossenen Entschädigung mit dem regulären Steuersatz die vom Gesetz vorgesehene Rechtsfolge.
Die Zahlung der Abfindung verteilte sich vorliegend in zwei gleichen Raten auf die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009. Damit fehle es an einem zusammengeballten Zufluss als Voraussetzung für eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 1 EStG, entschieden die Richter.
Hinweis
Eine der ausdrücklich vom BFH zugelassenen Ausnahmesituationen (Gründe der sozialen Fürsorge, Existenzbedrohung des Empfängers oder wirtschaftliche Schwierigkeiten des Zahlungsverpflichteten), in denen trotz Auszahlung in zwei oder mehr Jahren eine Zusammenballung im Sinne des § 34 EStG angenommen wird, lag im Streitfall nicht vor. Die Auszahlung der Gesamtabfindung in zwei Veranlagungszeiträumen war zwischen der Klägerin und ihrem Arbeitgeber von vornherein vorgesehen und vertraglich vereinbart. Sie war als Ausgleich für die mit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile geleistet worden. Die im Streitjahr 2009 gezahlte zweite Rate der Abfindung war keine neben einer Hauptentschädigungsleistung aus Gründen der sozialen Fürsorge gezahlte Entschädigungszusatzleistung (s. dazu Schmidt/Drenseck, EStG § 34 Rz. 17 m.w.N.).
Link zur Entscheidung
Thüringer FG, Urteil vom 07.12.2011, 1 K 578/10