Leitsatz
Ausbildungswilligkeit kann auch dann durch Eigenbemühungen nachgewiesen werden, wenn die Bundesanstalt für Arbeit in einem Aktenvermerk festgehalten hat, dass das Kind sich derzeit nicht um einen Ausbildungsplatz bewirbt.
Sachverhalt
Die am 28.8.1984 geborene Tochter der Klägerin hat am 14.2.2003 ihr Ausbildungsverhältnis beendet. In der Folgezeit hat die Tochter verschiedene Praktika absolviert und sich am 15.7.2004 als "arbeitsuchend" gemeldet. Da sie jedoch ohne Angabe von Gründen zur Vorsprache am 6.9.2004 nicht erschienen ist, ist ihr Bewerberangebot am 7.9.2004 abgemeldet worden. Im Streitfall geht es im Wesentlichen noch um die Gewährung von Kindergeld für den Zeitraum Januar bis Oktober 2005. Nach Auffassung der Familienkasse liegen die Voraussetzungen zur Gewährung des Kindergeldes für diesen Zeitraum nicht vor, da die Tochter weder als arbeitsuchend gemeldet gewesen sei noch mangels Ausbildungsplatz eine Ausbildung nicht beginnen oder fortsetzen konnte. Mit der Klage wies die Klägerin auf bereits der Familienkasse vorgelegte Bewerbungsunterlagen für August 2004 bis Februar 2005 hin. Außerdem sei die Tochter durch eine Schwangerschaft von Januar bis Oktober 2005 nicht vermittelbar gewesen, und habe von der Agentur für Arbeit bei der Berufsberatung am 7.3.2005 die Auskunft erhalten, erst für das Ausbildungsjahr 2006 vermittelbar zu sein.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist das Kindergeld für den Zeitraum Januar - Oktober 2005 nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG zu gewähren, da die Tochter eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen konnte. Durch die laufenden, von Juli 2004 bis Februar 2005 nachgewiesenen Eigenbewerbungen ist die Ausbildungswilligkeit für diesen Zeitraum nachgewiesen. Die Einschätzung der Familienkasse, die Tochter der Klägerin habe sich - ohne Bewerber für eine Ausbildungsstelle zu sein - zwecks Erlangung einer Ausbildungsstelle beraten lassen, ist vor dem Hintergrund der nachgewiesenen Eigenbewerbungen unzutreffend. Wegen des eindeutigen Hinweises, sich erst wieder im Ausbildungsjahr 2006 zu bewerben, kann die Kindergeldberechtigung nicht mit dem Hinweis auf eine etwaige mangelnde Ausbildungswilligkeit verneint werden, da die Tochter der Klägerin ausbildungswillig aber nicht vermittelbar war. Dies kann nicht zur Versagung des Kindergeldanspruchs führen.
Hinweis
Da nach diesem Urteil die Ausbildungswilligkeit auch durch Eigenbemühungen nachgewiesen werden kann, ist es aus Gründen der Beweisvorsorge zu empfehlen, entsprechende Bewerbungsunterlagen und Nachweise über Vorstellungsgespräche aufzubewahren. Sollte in vergleichbaren Fällen die Gewährung von Kindergeld abgelehnt werden, kann gegen die Entscheidung der Familienkasse unter Hinweis auf dieses Urteil Einspruch eingelegt werden.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 20.09.2007, 5 K 4302/05