Leitsatz
Die Züchtung und das Halten von Kleintieren, wie Meerschweinchen, Zwergkaninchen, Hamstern, Ratten und Mäusen, die als Haustiere oder als Lebendfutter für andere Tiere verwendet werden, stellen ungeachtet einer vorhandenen Futtergrundlage eine gewerbliche Tätigkeit dar, nicht aber eine land- und forstwirtschaftliche Tierzucht und -haltung, die zur Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13a EStG berechtigen würde. B
Normenkette
§ 13 EStG , § 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger züchtete Kleintiere, die er an Zoohandlungen oder als Lebendfutter an zoologische Gärten verkaufte. Das Futter erzeugte der Kläger zu 80 % selbst auf eigenen Flächen von 0,7 ha und hinzugepachteten Flächen von knapp 6 ha.
Das FA behandelte die Kleintierzucht als Gewerbebetrieb. Die Klage, mit der der Kläger eine Besteuerung nach § 13a EStG begehrte, hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers zurück. Die Tierzucht könne trotz der eigenen Futtererzeugung nicht als landwirtschaftlich angesehen werden, weil die Tiere nicht der Ernährung von Menschen dienten. Auf die Ausweitung des landwirtschaftlichen Viehbestands durch die EStR könne sich der Kläger nicht berufen.
Hinweis
1. Von einem Gewerbebetrieb unterscheidet sich ein landwirtschaftlicher Betrieb dadurch, dass er seine Produkte aus den natürlichen Kräften des Bodens gewinnt (sog. Urproduktion). Das Halten oder Erzeugen von Tieren ist deshalb nur dann der Landwirtschaft zuzuordnen, wenn die Tiere als Arbeitstiere gehalten werden oder mit selbst erzeugtem Futter versorgt werden (sog. Veredelung).
2. Auf eine Veredelung hatte sich im Besprechungsfall auch der Kläger berufen, weil er seine Kleintiere bis auf zugekauftes Kraftfutter mit eigenen Erzeugnissen füttern konnte. Die Verwendung eigenen Futters allein reicht jedoch für eine landwirtschaftliche Tierzucht nicht aus. Hinzukommen muss weiter, dass die gezüchteten Tiere nach der Verkehrsanschauung der Versorgung von Menschen dienen, sei es in Form von Nahrungsmitteln, sei es auch durch Erzeugung von Grundstoffen für die Bekleidung (z.B. Wolle).
Diese Voraussetzungen sah der BFH bei der Produktion von Kleintieren ?um Verkauf als Haustier oder Lebendfutter nicht als erfüllt an. Anders wäre es wohl gewesen, wenn die Tiere als menschliches Nahrungsmittel hätten dienen sollen. Das ist in Deutschland bei Kaninchen vorstellbar, nicht jedoch etwa bei Ratten, Mäusen oder Hamstern.
3. Nicht zu entscheiden hatte der BFH, wie die Zucht von Tieren zu beurteilen ist, die traditionell nicht zur deutschen Landwirtschaft gehören und auch im Katalog zur Errechnung der Vieheinheiten in Anlage 1 zu § 51 Abs. 4 BewG nicht genannt sind. Hierzu gehören Alpakas, Lamas und Strauße, die die Finanzverwaltung in R 124a Abs. 1 EStR ohne gesetzliche Grundlage den traditionell gehaltenen Tieren gleichstellt, indem ein Schlüssel zur Errechnung der Vieheinheiten angegeben wird. Ob dies als zutreffende Auslegung des § 13 EStG anzusehen ist, lässt der BFH ausdrücklich dahingestellt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.12.2004, IV R 4/04