BMF, Schreiben v. 8.4.2020, IV B 3 - S 1301-NDL/20/10004 :001 (DOK 2020/0348934), BStBl I 2020, 477
Besteuerung von Grenzpendlern
Im Hinblick auf die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von Grenzpendlern wurde mit dem Königreich der Niederlande am 6. April 2020 die in der Anlage beigefügte Konsultationsvereinbarung zum Abkommen vom 12. April 2012 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen unterzeichnet.
Die Konsultationsvereinbarung ist am 6. April 2020 in Kraft getreten und findet auf Arbeitstage im Zeitraum vom 11. März 2020 bis zum 30. April 2020 Anwendung. Die Konsultationsvereinbarung verlängert sich nach dem 30. April 2020 automatisch vom Ende eines Kalendermonats zum Ende des nächsten Kalendermonats, sofern sie nicht von der zuständigen Behörde eines der Vertragsstaaten mindestens eine Woche vor Beginn des jeweils folgenden Kalendermonats durch schriftliche Erklärung an die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats gekündigt wird.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Konsultationsvereinbarung zwischen den zuständigen Behörden Deutschlands und der Niederlande nach Artikel 25 Absatz 3 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom 12. April 2012 in der durch das Protokoll vom 11. Januar 2016 geänderten Fassung
VEREINBARUNG ZWISCHEN DEN ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDEN
1. Einführung
Gestützt auf Artikel 25 Absatz 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom 12. April 2012 in der durch das Protokoll vom 11. Januar 2016 geänderten Fassung („Abkommen”) werden sich die zuständigen Behörden Deutschlands und der Niederlande bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel bei der Auslegung oder Anwendung des Abkommens durch Verständigung zu beseitigen.
Da die Coronavirus-Pandemie („COVID-19-Pandemie”) als ein Fall höherer Gewalt zu betrachten ist und in der Erwägung, dass die zur Bekämpfung der Pandemie getroffenen Maßnahmen zu beträchtlicher Unsicherheit hinsichtlich der steuerlichen Situation von grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer*innen führen können, teilen die zuständigen Behörden die Auffassung, dass eine Verständigung im Sinne des Artikels 25 Absatz 3 Satz 1 des Abkommens gerechtfertigt ist.
In diesem Zusammenhang haben die zuständigen Behörden Deutschlands und der Niederlande eine Einigung über die Anwendung beziehungsweise Auslegung des Artikels 14 des Abkommens in Fällen erzielt, in denen grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer*innen aufgrund von COVID-19 oder von Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 ihre Tätigkeit im Homeoffice ausüben oder Tage, die normalerweise Arbeitstage wären, untätig zu Hause verbringen (d. h. ohne ihre Tätigkeit auszuüben).
2. Arbeitstage im Homeoffice
Im Sinne des Artikels 14 Absatz 1 des Abkommens (Einkünfte aus unselbständiger Arbeit) können Arbeitstage, für die Arbeitslohn bezogen wurde und an denen die unselbständige Arbeit nur aufgrund der Maßnahmen, die die deutsche oder die niederländische Regierung oder ihre Gebietskörperschaften zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie getroffen haben, im Homeoffice ausgeübt wird (Homeoffice-Tage), als in dem Vertragsstaat verbrachte Arbeitstage gelten, in dem die grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer*innen ihre unselbständige Arbeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ausgeübt hätten. Für Arbeitstage, die unabhängig von diesen Maßnahmen im Homeoffice oder in einem Drittstaat verbracht worden wären, gilt diese Tatsachenfiktion nicht. Insbesondere gilt sie nicht, wenn grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer*innen laut arbeitsvertraglicher Regelungen grundsätzlich im Homeoffice tätig sind.
Die grenzüberschreitende Arbeitnehmer*innen, die Gebrauch von dieser Tatsachenfiktion machen, sind verpflichtet, diese Tatsachenfiktion in beiden Vertragsstaaten einheitlich anzuwenden und geeignete Aufzeichnungen zu führen (d. h. eine Bescheinigung des Arbeitgebers über diejenigen Homeoffice-Tage, die ausschließlich auf die Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind). Diese Tatsachenfiktion gilt nur, soweit der jeweilige Arbeitslohn, der auf die Arbeitstage im Homeoffice entfällt, von dem Vertragsstaat, in dem die grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer*innen ihre unselbständige Arbeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ausgeübt hätten, tatsächlich besteuert wird. Die grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer*innen erklären sich dementsprechend damit einverstanden, dass die jeweiligen Einkünfte in dem Vertragsstaat, in dem sie die unselbständige Arbeit ohne die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ausgeübt hätten, tatsächlich besteuert werden. Diese Einkünfte gelten als „tatsächlich besteuert”, wenn sie in die Bemessungsgrundlage einbe...