OFD Koblenz, Verfügung v. 27.2.1997, S 1014 A - St 32 2
1. Verfahrensgrundsätze
Bei den Korrekturvorschriften des § 11 EigZulG (Neufestsetzung, Aufhebung, Änderung) handelt es sich um ein lex specialis gegenüber den allgemeinen Korrekturvorschriften der AO.
Die Eigenheimzulage wird grundsätzlich in einem (Sammel-)Bescheid mit Wirkung für mehrere, zumeist auch zukünftige Kalenderjahre festgesetzt. Das FA muß dabei die Eigenheimzulage für künftige Jahre auf der Basis einer Prognose festsetzen. § 11 EigZulG bietet deshalb auf das Eigenheimzulagenverfahren eigens zugeschnittene Korrekturmöglichkeiten.
Die Korrekturvorschriften der AO – mit Ausnahme der §§ 164, 165 und 172 AO – werden daher grundsätzlich durch die Regelungen in § 11 EigZulG verdrängt.
Materielle Fehler, insbesondere auch Rechtsfehler und offenbare Unrichtigkeiten § 129 AO) bei der letzten Festsetzung der Eigenheimzulage können durch Neufestsetzung oder Aufhebung der Festsetzung beseitigt werden (sog. fehlerbeseitigende Neufestsetzung bzw. fehlerbeseitigende Aufhebung: § 11 Abs. 5 Satz 1 EigZulG). Diese von den Änderungs- und Berichtigungsvorschriften der AO unabhängige Regelung ist erforderlich, weil die Eigenheimzulage nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für den gesamten Förderzeitraum einheitlich festgesetzt wird (sog. Dauerverwaltungsakt).
Gegenstand dieser Fehlerkorrektur können sowohl Erst- und Neufestsetzungen der Eigenheimzulage als auch Aufhebungs- und nach den Regeln der AO geänderte Zulagenbescheide sein. Ein zu beseitigender „materieller Fehler” ist – in Anlehnung an die Legaldefinition des § 177 Abs. 3 AO – in jeder objektiv unrichtigen Festsetzung des Zulagenanspruchs zu sehen. Unerheblich ist demnach, ob der Fehler auf einer unzutreffenden Anwendung rechtlicher Bestimmungen oder aber einer unvollständigen Ermittlung oder Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse beruht. Sobald dem FA der materielle Fehler der letzten Festsetzung bekannt wird, kann es mit Wirkung ab diesem Kalenderjahr neu festsetzen, wenn es sich um eine Neufestsetzung zu Gunsten des Anspruchsberechtigten handelt § 11 Abs. 5 Satz 2 1. Halbsatz EigZulG). Eine Fehlerbeseitigung für evtl. vorhergehende Jahre läßt sich nur im Rahmen der Korrekturvorschriften der AO erreichen.
Wirkt sich die Fehlerbeseitigung zuungunsten des Anspruchsberechtigten aus, kommt eine Aufhebung oder eine Neufestsetzung regelmäßig mit Wirkung ab dem Kalenderjahr in Betracht, in dem der Fehler des Finanzamts bekannt wird, jedoch frühestens mit Wirkung ab dem Kalenderjahr, in dem das FA aufhebt oder neu festsetzt § 11 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz EigZulG).
§ 11 Abs. 5 EigZulG ermöglicht genausowenig wie die Abs. 2 oder 3 eine Rückwärtskorrektur bei materiellen Fehlern. Ob eine solche möglich ist, richtet sich ausschließlich nach den Korrekturvorschriften der AO §§ 129, 172 ff. AO) oder nach § 11 Abs. 4 EigZulG. Dabei ist zu beachten, daß der Eintritt der Festsetzungsverjährung die zeitliche Grenze für Korrekturen setzt § 169 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO).
Ist eine sog. Rückwärtskorrektur auch nicht nach § 11 Abs. 4 EigZulG oder den Korrekturvorschriften der AO möglich, so geht Eigenheimzulage für ein oder mehrere Jahre des Förderzeitraums verloren (je nachdem für den Anspruchsberechtigten oder das FA).
Beispiel:
A stellt im Jahre 1996 einen Zulagenantrag. Als Beginn der Eigennutzung gibt er den 1.7.1996 an. Das FA setzt am 1.9.1996 eine Zulage ab 1995 fest. Der Fehler wird im Jahre 1997 bemerkt.
Lösung:
Das FA hat keine rechtliche Möglichkeit, den zu Unrecht für 1995 ausgekehrten Betrag zurückzufordern, da keine Korrekturnorm der AO greift und § 11 Abs. 5 EigZulG hier leerläuft.
Die Vertrauensschutzregelung des § 176 AO ist entsprechend anzuwenden, sofern nicht Kalendejahre betroffen sind, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Gerichts des Bundes beginnen § 11 Abs. 5 Satz 3 EigZulG).
3. Besonderheiten bei Kindern
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EigZulG ist die Eigenheimzulage für das Erstjahr und für die Folgejahre – also für den gesamten Förderzeitraum – einheitlich festzusetzen. Maßgeblich sind, was die Höhe des Fördergrundbetrags § 9 Abs. 2 EigZulG) und die Zahl der Kinder § 9 Abs. 5 EigZulG) betrifft, die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung des Förderobjekts zu eigenen Wohnzwecken § 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG).
Ändert sich die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Sätze 1 und 2 EigZulG, wie sie bei der letzten Festsetzung der Eigenheimzulage zugrunde gelegt worden ist, so ist diese Zulage nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EigZulG neu festzusetzen (Neufestsetzung). Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist die Neufestsetzung mit Wirkung ab dem Kalenderjahr durchzuführen, für das sich die Abweichung bei der Eigenheimzulage ergibt, und zwar mit Wirkung bis zum Ende des Förderzeitraums § 3 EigZulG). Dies bedeutet, daß Änderungen zu Gunsten des Anspruchsberechtigten, wie z.B. die Geburt eines Kindes, bereits im Jahr der Änderung der Verhältnisse bei der Eigenheimzulage zu berü...