Wenn Lieferanten in einem Krisengebiet angesiedelt sind, kann die Bezahlung offener Verbindlichkeiten an diesen Kreditor problematisch werden. Festzuhalten ist, dass die Verbindlichkeiten beglichen werden müssen, wenn alle Voraussetzungen dafür vorhanden sind. Ein Abwarten mit der Hoffnung, dass die Verbindlichkeit nicht eingefordert wird, ist weder rechtlich noch moralisch akzeptabel. Verschiedene Entwicklungen können die Zahlung erschweren oder unmöglich machen:
- Der Kreditor kann durch die Krise untergegangen sein. Ist dies sicher bekannt, sollte die Buchhaltung mit der Zahlung warten, bis sich Erben, Nachlassverwalter oder Rechtsnachfolger melden und ihren Anspruch rechtssicher nachweisen können.
- Der Kreditor kann durch politische Sanktionen betroffen sein und auf einer Sanktionsliste stehen. Dann sind i. d. R. auch Zahlungen an den Kreditor verboten. Sind Privatpersonen sanktioniert, überträgt sich das auf deren Unternehmen. Eine Prüfung auf Sanktionen kann im Internet z. B. auf der Seite "Justizportal des Bundes und der Länder" oder auf andern Seiten der EU- oder Bundesbehörden erfolgen. Dafür ist ein gewisser Aufwand notwendig.
- Die Politik kann, wie zuletzt im Ukrainekrieg, das Zahlungssystem eines Staates vom Zahlungsstrom abkoppeln. Dann ist vielleicht die Zahlung an den bestimmten Kreditor erlaubt, aber technisch nicht möglich. Eine Umgehung der üblichen Zahlungswege sollte rechtlich geprüft werden.
Wird eine Zahlung an einen Kreditor im Krisengebiet durchgeführt, muss sicher sein, dass dies befreiend ist. Dazu ist eine rechtliche Prüfung notwendig, die bei zu großer Unsicherheit auch von externen Anwälten erledigt wird.
Gewährleistungsbetrag mit Lieferant in Krisengebiet vereinbaren
In Krisensituationen ist oft klar, dass der Kreditor nicht in der Lage sein wird, in absehbarer Zeit weitere Leistungen zu erbringen. Das schließt Ersatzlieferungen bei Fehlern in der Ware ein. Daher kann mit dem Lieferanten ein Betrag, der sich aus den Erfahrungen der Vergangenheit errechnen lässt, vereinbart werden, der als Sicherheit für etwaige Gewährleistungen einbehalten wird. Ist die Gewährleistungsfrist abgelaufen, wird der verbleibende Betrag gezahlt.
Werden offene Verbindlichkeiten nicht gezahlt, hat das zunächst keinen Einfluss auf den Gewinn des Unternehmens. Die Verbindlichkeiten bleiben als solche in der Bilanz. Die Liquidität des Unternehmens wird positiv beeinflusst, da die Beträge das Unternehmen nicht verlassen. Da sich diese Situation schnell ändern kann, darf keine langfristige Finanzierung auf die einbehaltenen Verbindlichkeiten aufbauen.
Der Ablauf der Arbeiten in der Kreditorenbuchhaltung im Krisenfall kann in vier Schritte gegliedert werden:
Feststellen der betroffenen Verbindlichkeiten
Die betroffenen Kreditoren werden mithilfe des Einkaufs identifiziert. Die gegenüber diesen vorhandenen offenen Verbindlichkeiten werden festgestellt.
Prüfen von Zahlungshindernissen
Für jeden Kreditor mit offenen Verbindlichkeiten wird geprüft, ob es eines der beschriebenen Zahlungshindernisse gibt. Die Prüfung wird mit dem Ergebnis dokumentiert.
Zahlen, wenn möglich
Gibt es keine unüberwindbaren Zahlungswege, werden die Verbindlichkeiten durch die Buchhaltung gezahlt. Wird über unübliche Wege gezahlt, wird die befreiende Vereinbarung mit dem Kreditor dokumentiert.
Behandlung weiterhin offener Verbindlichkeiten
Die nicht gezahlten Verbindlichkeiten werden auf eigenen Buchhaltungskonten festgehalten. Die Gründe für die Nichtzahlung werden dokumentiert. Es gibt eine regelmäßige Prüfung der Verbindlichkeiten in der Buchhaltung. Entspannt sich die Situation oder melden sich Erben, Nachlassverwalter oder Rechtsnachfolger mit rechtlich eindeutigen Titeln, werden die Beträge gezahlt. Ist die Zahlungsmöglichkeit nach einigen Jahren immer noch nicht gegeben, werden die Beträge als außerordentlicher Ertrag vereinnahmt. Prüfung, Zahlung und Vereinnahmung werden dokumentiert.
Konsequenzen prüfen
Werden die Verbindlichkeiten gegenüber einigen Kreditoren nicht gezahlt, müssen wesentliche Konsequenzen geprüft werden. In den Verträgen und damit auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen der Lieferanten können für solche Fälle Vereinbarungen enthalten sein. So kann z. B. eine Verzinsung der offenen Beträge notwendig werden.