Leitsatz
Art. 25 der 6. EG-RL ist dahin auszulegen, dass ein landwirtschaftlicher Erzeuger, der einen Teil der wesentlichen Elemente seines landwirtschaftlichen Betriebs langfristig verpachtet und/oder vermietet hat und mit dem Restbetrieb seine Tätigkeit als Landwirt, hinsichtlich deren er unter die gemeinsame Pauschalregelung nach dieser Vorschrift fällt, fortsetzt, die Umsätze aus einer solchen Verpachtung/oder Vermietung nicht nach dieser Pauschalregelung behandeln darf.
Normenkette
§ 24 UStG , Art. 25 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger, ein Landwirt, verpachtete einen Teil der Milchwirtschaft dienenden Grundstücke samt Milchquote an seinen Sohn und überließ ihm gegen Entgelt Milchviehstallgebäude. Mit dem auch danach nicht unbeträchtlichen landwirtschaftlichen Rest setzte er die Bewirtschaftung seines Betriebs fort.
Der Kläger vertrat – erfolglos – die Auffassung, das im Zusammenhang mit der vorgenannten Verpachtung/Überlassung an seinen Sohn vereinnahmte Entgelt unterliege in voller Höhe der Besteuerung nach Durchschnittsätzen gem. § 24 UStG.
Entscheidung
Der EuGH entschied wie im Leitsatz wiedergegeben; der BFH muss nun die Entscheidung im konkreten Fall umsetzen. Wenig Hoffnung für den Kläger.
Hinweis
Schon lange deutet sich an, dass der "Landwirtschaftliche" von Einkommensteuer und Umsatzsteuer einer Verprobung an der 6. EG-RL bedarf. Wie sehr, zeigt die Entscheidung des EuGH, die auf die Vorlage des BFH, Beschluss vom 4.7.2002, V R 8/01, BFH-PR 2002, 460 ergangen ist.
Nach der deutschen Pauschalregelung für Landwirte in § 24 UStG gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat. Gleichwohl darf der Landwirt die Umsatzsteuer seinem Vertragspartner in Rechnung stellen; wenn die Abwälzung auf den Rechnungsempfänger gelingt, erhöht sie also seine Einnahmen. Führt ein Landwirt neben den in § 24 Abs. 1 UStG bezeichneten Umsätzen auch andere Umsätze aus, so ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb zu behandeln (§ 24 Abs. 3 UStG). Keine Landwirtschaft ist zwar die Verpachtung des ganzen Betriebs; die Verpachtung einzelner landwirtschaftlicher Flächen – nicht Rechte (Jagdpacht) – durch einen Landwirt konnte nach der bisherigen Rechtsprechung im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs der Durchschnittsatzbesteuerung unterliegen.
Als landwirtschaftliche Dienstleistungen bezeichnet die 6. EG-RL u.a. Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, und nennt als ein Beispiel die "Vermietung von normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken".
Hierzu betont der EuGH, dass:
- jede Ausnahme und Abweichung von der allgemeinen Regel eng auszulegen ist,
- Begriffe, soweit für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verwiesen ist, einheitlich auszulegen sind (Randnr. 28),
- der Zweck der Regelung zu berücksichtigen ist,
- der Richtliniengeber mit der Definition der Begriffe in Art. 25 der 6. EG-RL ein inhaltliches Ziel verfolgt (Randnr. 32): es reicht nicht allein, dass jemand landwirtschaftlicher Erzeuger ist,
- in Art. 25 der 6. EG-RL bzw. Anhang B hierzu nur von Vermietung, nicht aber Verpachtung die Rede ist (Randnr. 34),
- nur die Vermietung solcher Mittel erwähnt wird, die der landwirtschaftliche Erzeuger gewöhnlich zum Betrieb der eigenen Landwirtschaft verwendet, die Überlassung zur ausschließlichen Nutzung an einen Dritten ebenso wenig wie die langfristige Vermietung darunter fällt (Randnr. 34).
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kommt hiernach eine Zuordnung zum pauschalbesteuerten landwirtschaftlichen Unternehmen nicht in Betracht.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 15.7.2004, Rs. C-321/02 – Harbs