In Fertigungsunternehmen ist die Gefahr der Leerkosten besonders groß, da hohe Fixkostenblöcke für die Produktionsanlagen die Kostenstruktur charakterisieren (vgl. Tab. 2). Liegen die Gründe für die Leerkosten in einem Umsatzrückgang, ist die Entstehung der Leerkosten einfach zu erklären. Die Fertigungsanlagen, die Gebäude und alle anderen Einrichtungen sind auf eine bestimmte Kapazität ausgerichtet. Im Normalfall, wenn diese also auf dem Niveau der geplanten Normalbeschäftigung ausgenutzt wird, sind die Leerkosten gering und geplant. Sinkt die Nachfrage, sinkt auch die Produktion, wenn auch möglicherweise zeitversetzt. Nach einiger Zeit, wenn der Umsatzrückgang sich gefestigt hat, wird auch der Produktionsprozess eingeschränkt. Plötzlich werden die Maschinen nicht mehr in der gesamten verfügbaren Zeit genutzt, Gebäudeteile stehen leer, Fahrzeuge müssen nicht transportieren. Optimal ist es, wenn die Nutzungszeit als Ganzes zurückgefahren werden kann, z. B. von zwei Schichten pro Tag auf nur noch eine. Dann ist es möglich, die Leerkosten unübersehbar darzustellen und exakt zu berechnen.
Rüstkostenproblematik
Leider ist das meist nicht der Fall, wenn sich die Leerkosten nur schleichend einstellen. Oft findet sie der Kostenrechner in erhöhten Maschinenkosten und Rüstzeiten. Wegen der geringeren Nachfrage werden auch geringere Mengen produziert. Geringere Mengen können zu kleineren Losgrößen führen, was wiederum zu höheren Rüstkosten insgesamt und pro Stück führt. Es entsteht eine paradoxe Situation: Obwohl die Nachfrage und auch die Produktion sinkt, ist die Fertigung gut ausgelastet. In der Praxis gibt es sogar Fälle, in denen die Mitarbeiter in der Fertigung Mehrarbeit leisten müssen, da durch die größere Anzahl an Rüstvorgängen mehr Zeit verbraucht wird.
Die in den Rüstkosten versteckten Leerkosten werden nicht immer sofort entdeckt. In kleinen und mittleren Unternehmen rechnet der Kostenrechner mit historischen Werten, die keiner permanenten Überprüfung unterliegen. Dabei kann die Entwicklung unbemerkt bleiben. Erst im Jahresabschluss oder in einem Zwischenbericht fällt auf, dass die Preise nicht mehr ausreichen, um die Istkosten zu decken. Da dies regelmäßige Praxis ist, muss sich der Kostenrechner immer dann, wenn sich die Gefahr der Leerkosten ergibt, besonders intensiv um die Fixkosten der Fertigung kümmern.
Kostenart |
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Maschinenkosten |
In den Maschinenkosten ist neben der verbrauchsabhängigen Abnutzung immer auch eine zeitabhängige Komponente in den Abschreibungen vorhanden. Diese bleibt auch dann gültig, wenn die Maschinen gar nicht mehr oder nur noch teilweise produzieren. Der Teil des zeitabhängigen Werteverzehrs, der für die aktuelle Produktion nicht notwendig ist, wird als Leerkosten bezeichnet. |
Wartungskosten |
Bei zeitabhängigen Wartungsintervallen fallen für die nicht notwendigen Zeiten auch Kosten an. Es werden Verschleißteile ausgetauscht und Justierungen vorgenommen. Anteilig werden diese Wartungskosten zu Leerkosten. |
Raumkosten |
Verringert sich die Produktion langfristig, kann man oft auf einen Teil der bisher genutzten Räumlichkeiten verzichten. Wird z. B. ein Produktionsschritt nach außen gegeben, weil die verringerten Mengen eine Eigenproduktion unwirtschaftlich machen, wird vielleicht eine ganze Abteilung frei. Nicht immer ist es jedoch möglich, über diesen freien Raum so zu verfügen, dass er keine Kosten mehr verursacht. Die Regel wird sein, dass der Raum einfach da ist, Teil des eigenen Gebäudes bleibt. Die Kosten wie Miete, Abschreibung, Energie, Unterhalt etc. fallen weiter an. |
Rüstkosten |
Durch die Verwendung kleinerer Losgrößen bei reduzierten Absatzmengen bleibt die Anzahl der Rüstvorgänge in der Fertigung prinzipiell gleich. Auf jeden Fall erhöht sich der Aufwand für die Umrüstung von Maschinen und Anlagen pro produziertes Stück, da sich die Anzahl Teile, auf die die Kosten des Rüstvorganges verteilt werden, reduziert. Die Leerkosten bilden sich hier durch eine Verbindung von Maschinen-, Wartungs-, Personal- und Bereitstellungskosten. |
Tab. 2: Leerkostenarten in der Fertigung
Auch Dienstleister haben eine Fertigung
In Dienstleistungsunternehmen gibt es einen Bereich, der der Fertigung in produzierenden Unternehmen vergleichbar ist. Dort arbeiten diejenigen Personen, die das verkaufte Produkt, die Dienstleistung, erbringen. Dabei entstehen meist keine großen Fixkostenblöcke für Maschinen, Anlagen und Gebäude. Die Personalkosten sind der Hauptgesichtspunkt in der Betrachtung dieser Kostenstellen. Da diese Kosten gerade in Deutschland nur zu einem bestimmten Grad variabel sind, können auch bei Dienstleistern schnell Leerkosten in der "Fertigung" entstehen.
Wenn z. B. in einem ambulanten Pflegedienst weniger Patienten zu pflegen sind, wird mehr Zeit pro Fall benötigt als vorgesehen. Die Programmierer in einem Softwarehaus verbrauchen eine längere Zeit für die gleiche Leistung bei weniger Auslastung. Wenn hier der Kostenrechner nicht schnell die Leerkosten aufdeckt, können existenzbedrohende Si...